Wien: Spiellokale werden aussterben

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Novomatic meldet 80 Mitarbeiter in Wien zur Kündigung an. Einige Spielspelunken sind schon geschlossen, in den kommenden zwei, drei Monaten werden etliche folgen.

Wien. Das Verbot des Kleinen Glücksspiels in Wien zeigt Wirkung: Nachdem die Automaten-Kabäuschen schon zugesperrt haben, nach und nach auf Fensterscheiben alter Spielspelunken „Zu vermieten“ steht, hat nun Platzhirsch Novomatic 80 seiner 800 Mitarbeiter in Wien beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung mit Ende Februar angemeldet. Das sei eine Konsequenz der rechtlichen Situation in Wien, heißt es in den „Niederösterreichischen Nachrichten“. Ob Standorte in Wien dauerhaft geschlossen werden, darüber wollte bei Novomatic niemand reden.

Betroffen seien jedenfalls „mehrere Standorte“. Bis zur Gesetzesänderung, die in Wien mit 1. Jänner in Kraft getreten ist, hat Novomatic 1500 der bis dahin 2700 einarmigen Banditen in Wien betrieben, die meisten davon in Admiral-Wettlokalen. Allein 400 davon wurden im Admiral-Casino im Prater stillgelegt. Diesen Standort aber hofft Novomatic bald wieder aufsperren zu können. Für das Admiral-Casino (sowie für einen neuen Spieltempel in Bruck an der Leitha) hat der Konzern bereits eine Casinolizenz zugesprochen bekommen. Wegen des Einspruchs der Konkurrentin Casinos Austria ist der Entscheid aber noch nicht rechtskräftig, eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird für Ende Februar erwartet.

Wetten retten Lokale nicht

Wie auch immer diese Entscheidung ausfällt – den kleinen Spiellokalen in Wien geht es definitiv an den Kragen. Nach und nach schließen die Spelunken entlang des Gürtels, in der Reinprechtsdorfer Straße, der früher am dichtesten bestückten Automatenmeile der Stadt, verwaisen die Zweierkabäuschen – auf ihnen kleben allerlei Zettel mit Hinweisen auf die neue Gesetzeslage. Ein Spiellokal ist bereits geschlossen, durch die Scheibe sieht man sie noch, die alten Automaten. Sie blinken nicht mehr, schlucken nicht mehr bis zu über 10.000 Euro pro Monat, sondern stehen in Plastik gehüllt in einer Ecke, fertig zum Abtransport. Und dieses Bild sieht man an vielen Ecken der Stadt. Nach und nach verschwinden Automaten und Spiellokale, auch das Straßenbild in den einschlägigen Gegenden ändert sich: Die Trauben junger Männer vor Spiellokalen, die das nächtliche Straßenbild dort einst geprägt haben, sie sind kleiner geworden.

Wie viele Spiellokale in den ersten Wochen dieses Jahres schon zugesperrt haben, kann niemand definitiv sagen. Fakt ist: Gut 100 zuletzt illegal betriebene Spielautomaten wurden bereits von der Finanzpolizei beschlagnahmt. Andere Automatenbetreiber haben es darauf nicht ankommen lassen und ihre Automaten zuvor abtransportiert. Ende 2014 waren jedenfalls rund 2700 Geräte in Lokalen an 903 Standorten – so viele Konzessionen gab es laut Automatenverband damals – in Betrieb.

In den kommenden Monaten werde ein solches Lokal nach dem anderen zusperren, sagt Helmut Kafka. Der Sprecher des Automatenverbandes erwartet, dass sie „in Wien aussterben“ werden. Man werde dieses Lokalsterben in den kommenden zwei, drei Monaten deutlich beobachten können, meint er. Auch wenn viele nun vorerst auf Wetten umgesattelt haben, „die meisten können sich nicht halten, auch nicht mit zehn Wettautomaten, da sind die Margen zu gering“, so Kafka. Wenngleich diese offiziellen Wettautomaten auch das alte Geschäft mit den Automaten zurückbringen können: Lassen sich die (legalen) Wettautomaten doch angeblich mit einfachen Tricks für klassische, illegale Automatenspiele nutzen.

Auch Wirtshäuser betroffen

Trotzdem, auch Klaus Christian Vögl, Geschäftsführer der Freizeitbetriebe in der Wiener Wirtschaftskammer, teilt die Einschätzung: Die Zahl der Betreiber habe sich schon voriges Jahr halbiert, 100 hätten in den vergangenen Jahren, zwischen Beschluss der Gesetzesänderung und deren Inkrafttreten, zugemacht. Schon in dieser Zeit seien zahlreiche Jobs – nicht nur in den Lokalen, auch für Fahrer, Automatenmechaniker etc. weggefallen.

Doch nicht nur die Automaten-Spelunken werden schließen: Auch für die Wirtshäuser und Espressos, die einen oder zwei Automaten in einer Ecke stehen hatten, sei die Situation „schlimm, sehr schlimm“, wie Gastronomie-Obmann Willy Turecek sagt, der von 200 bis 300 Lokalen spricht, die betroffen seien. Auch diese haben nun mit dem Geld der Spieler und der Spielsüchtigen ihre wichtigste Einnahmequelle verloren – und könnten zum Teil, so Tureceks Einschätzung, die kommenden Monate ebenfalls nicht überstehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2015)

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