Grippewelle: Warten auf den Höhepunkt

THEMENBILD: GRIPPEWELLE IN OESTERREICH
THEMENBILD: GRIPPEWELLE IN OESTERREICH(c) APA (BARBARA GINDL)
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In Wien sind in der Vorwoche 11.000 Menschen erkrankt, in Graz 3200. Auch wer geimpft ist, kann erkranken: Denn der Impfstoff hilft heuer in drei Vierteln der Fälle nicht.

Wien. Seit gestern, Dienstag, spricht man in Wien offiziell von einer Grippewelle: Denn die Zahl der an Grippe oder einem grippalen Infekt erkrankten Menschen hat die 10.000er-Marke überschritten – ab dann spricht man in Wien von einer „Welle“. 11.100 Neuerkrankungen gab es laut Gesundheitsdienst (MA15) in der Vorwoche, deutlich mehr als in der Woche davor (siehe Grafik).

Auch im Rest Österreichs steigt die Zahl der Erkrankten seit Wochen konstant an, laut Department für Virologie an der Med-Uni Wien sind mittlerweile alle Bundesländer von der Grippewelle betroffen. In Graz sind 3148 Menschen erkrankt, ein großer Teil davon (1784) sind Kinder. In Niederösterreich sind laut Gebietskrankenkasse 6293 unselbstständige Arbeitnehmer wegen Grippe krank gemeldet, die tatsächliche Zahl der Kranken liegt aber deutlich darüber, da etwa Kinder und Pensionisten nicht erfasst sind. Bei der Tiroler GKK sind 3801 Menschen mit Grippe krank gemeldet, in der Woche davor waren es erst 3234.

Symptome rasch erkennen

Was die heurige Grippesaison problematisch macht, ist, dass drei Viertel der Infektionen durch die Variante eines Influenza-A-Virus (H3N2) verursacht werden, der genetisch abgedriftet und daher nicht durch den Impfstoff abgedeckt ist. In 75 Prozent der Fälle ist die Impfung also wirkungslos oder hilft nur in einem geringen Ausmaß. „Wie groß die Wirksamkeit bei dieser Drift-Variante ist, ist unklar“, sagt Franz X. Heinz, Leiter des Departments für Virologie.

Trotzdem rät er von einer Impfung nicht ab, da sie gegen ein Viertel der Viren wirksam sei. Zumal „der Höhepunkt der Grippewelle mit ziemlicher Sicherheit noch nicht erreicht ist“, sagt Heinz. „Wir verzeichnen derzeit einen deutlichen Anstieg der Erkrankungen. Welches Ausmaß die Grippewelle heuer bekommen wird, lässt sich nicht voraussagen.“

Ebenfalls nicht genau erfasst ist, wie viele der Erkrankten tatsächlich an der gefährlicheren und im schlimmsten Fall lebensbedrohlichen Grippe (Influenza) erkrankt sind und wie viele sich mit einem anderen harmloseren Virus angesteckt haben und an einem grippalen Infekt leiden. Die Mehrheit der Neuerkrankungen, sagt Heinz, sei mittlerweile aber auf die echte Grippe zurückzuführen.

(C) DiePresse

Ob man tatsächlich von der Grippe betroffen ist, merkt man vor allem am sehr plötzlichen Eintreten der Symptome wie starken Gliederschmerzen, Husten und hohem Fieber. Wichtig sei, so Heinz, so rasch wie möglich ärztliche Hilfe zu suchen und sich ein influenzavirusspezifisches, antivirales Medikament – sogenannte Neuraminidasehemmer – verschreiben zu lassen. Auch für Kinder – diese gelten neben älteren Menschen wegen des schwächeren Immunsystems als besonders gefährdet – gibt es diese antiviralen Medikamente.Im vergangenen Winter blieb die große Grippewelle in Österreich übrigens aus: In Wien wurde in keiner Woche die Marke von 10.000 Neuerkrankungen überschritten. Die Gründe dafür kennt man nicht, möglich ist etwa das Auftreten einer weniger aggressiven Virusart. An der Impfbereitschaft der Österreicher dürfte das Ausbleiben der Grippewelle im vergangenen Winter jedenfalls nicht gelegen sein Die Durchimpfungsrate ist in Österreich gering und sinkt weiter: 2006 waren 13,8 Prozent geimpft, 2013 nur jeder Zehnte, im Vorjahr sank der Anteil auf unter sieben Prozent. Pro Jahr sterben 1000 bis 1200 Österreicher an den Folgen der Grippe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2015)

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