Ausgezockt: Das Ende der Livewetten

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Tirol will mit einem generellen Verbot für Livewetten die Suchtprävention forcieren. In Vorarlberg gibt es bereits ein vergleichbares Gesetz. Weitere Bundesländer könnten folgen.

Wien. Welche Mannschaft schießt im Fußball das erste Tor, welcher Spieler gewinnt im Tennis den nächsten Satz, welches Formel-1-Auto scheidet als nächstes aus? In Wettbüros oder im Internet werden Geldbeträge nicht nur auf die Endergebnisse, sondern immer öfter auch auf Ereignisse während eines Spiels oder Rennens gesetzt. Diese Livewetten sollen in Tirol nun verboten werden, weil sie nicht nur zu hohen Geldeinsätzen verleiten und zu hohen Verlusten führen, sondern auch ein besonders hohes Suchtpotenzial bergen.

„Im Vordergrund stehen der Kundenschutz und die Suchtprävention, daher wollen wir Wetten auf Ereignisse während eines Spiels verbieten“, sagt die zuständige Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP). „Derartige Wetten, die rasche Entscheidungen erfordern, erhöhen die Gefahr, die Kontrolle über die Einsätze zu verlieren. Vor allem bei suchtgefährdeten Personen.“ Auch Gebi Mair, Klubobmann der Tiroler Grünen, dem Regierungspartner, unterstreicht das hohe Suchtpotenzial von Wetteinsätzen im Sekundentakt.

„Seit in Tirol das Kleine Glücksspiel verboten ist, haben sich Teile von Sportwetten nach und nach zu einem Ersatz dafür entwickelt“, beklagt Mair. „Plötzlich kann man auf irgendwelche Drittligaspiele aus China setzen und darauf wetten, welcher Spieler als nächstes gefoult wird oder eine Gelbe Karte bekommt. Das hat mit Wissen und Geschick nichts mehr zu tun. Was zählt, sind nur noch Glück und Zufall.“

Bankgarantie und Nachtverbot

Allein in Tirol gibt es 4000 Spielsüchtige, zu ihrem und zum Schutz von anderen gefährdeten Menschen müssten laut Maur Livewetten aus den Wettbüros verbannt werden. „Und zwar uneingeschränkt. Sodass man während eines Spiels auch nicht mehr auf das Endergebnis tippen kann.“ Schließlich könne man sonst argumentieren, dass eine Gelbe oder Rote Karte gleichzeitig auch ein Teil des Endergebnisses eines Spiels ist. Geplant sind auch weitere Maßnahmen, die die Eröffnung sowie den Betrieb von Wettbüros erschweren sollen. Beispielsweise sieht die Gesetzesnovelle, die in ein bis zwei Wochen in Begutachtung geschickt und im Juli im Landtag beschlossen werden soll, vor, die Bankgarantie von derzeit 75.000 Euro auf 150.000 Euro zu verdoppeln. Um Geldwäsche zu verhindern, müssen Kunden bei Einsätzen ab 1000 Euro einen Lichtbildausweis vorzeigen.

Zudem sollen die Befähigungsnachweise für Betreiber verschärft und Wettbüros künftig zwischen 24 Uhr und acht Uhr nicht mehr öffnen dürfen. Was in Vorarlberg bereits der Fall ist. Dort sind auch Livewetten bereits verboten – abgesehen von Einsätzen auf das Endergebnis.

Über ein Verbot von Livewetten aus Suchtpräventionsgründen wird auch in Oberösterreich diskutiert. In Wien hingegen dürfte ein solcher Vorstoß noch kein Thema sein. Auf „Presse“-Anfrage hieß es aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), dass man zu diesem Thema derzeit keine Angaben machen könne.

Rückendeckung bekommen Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich unterdessen von einer aktuellen Untersuchung der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die sich seit 2010 intensiv mit der großen Suchtgefahr von Livewetten beschäftigt.

„Wissen wird überschätzt“

Demnach können die schnelle Abfolge von Wettmöglichkeiten und die vergleichsweise zügige Entscheidung über Gewinn oder Verlust bei Livewetten für die Teilnehmenden die Gefahr erhöhen, die Übersicht über das Spiel zu verlieren. Dann wird häufiger und mehr Geld eingesetzt als ursprünglich geplant.

„Die Spieler sind sich oft sicher, den Spielausgang kontrollieren oder vorhersagen zu können“, erklärt Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA. „Dabei wird das eigene Wissen jedoch überschätzt und der Zufall des Spiels außer Acht gelassen. Der Ausgang von Livewetten kann nicht beeinflusst werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)

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