Notfälle: Tirol schreibt Flugrettung neu aus

(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Nach einem heftigen Streit zwischen den Anbietern wird es im Frühjahr eine europaweite Ausschreibung geben. Die erste Bietergemeinschaft rund um den ÖAMTC hat sich bereits gebildet.

Wien. Tirol wird die Flugrettung im Frühjahr neu ausschreiben. Nachdem vergangene Woche das nationale Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen, die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), bei einer Bedarfsschätzung unterschiedliche Szenarien für das Flugrettungswesen bis 2020 präsentiert hat, ist dieser Schritt nun fix. Die Landesregierung nahm sich die europaweite Ausschreibung vor einem Jahr vor und gab im Mai 2014 eine Bedarfserhebung bei der GÖG in Auftrag. Ende 2015 endet nämlich die Vereinbarung mit den sechs Betreibern (Schenk, HAT, ÖAMTC, Schider, ARA, Heli Tirol) der in Tirol eingesetzten Rettungshubschrauber.

„Die Bedarfsschätzung ist eine wichtige Basis, um die Flugrettung gut weiterzuentwickeln“, sagt die für das Luftfahrtrecht verantwortliche Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne). „Ein Ziel ist es, landesweit Einsätze innerhalb von 15 Minuten zu ermöglichen.“ Neben der ganzjährigen Grundversorgung sollen auch saisonale Notarzthubschrauber zum Einsatz kommen. Zudem werden künftig die Zeiten für die Bereitstellung der Hubschrauber verbindlich festgelegt, damit die Bereitschaftszeiten nicht mehr im Ermessen der Flugrettungsbetreiber liegen.

Bei Notfällen keine Kosten

Derzeit sind in Tirol im Winter 16 Rettungshubschrauber im Einsatz. 2012 hat das Land eine Vereinbarung mit allen Flugrettungsbetreibern geschlossen. Einsätze bei medizinischen Notfällen sind für Patienten seither kostenlos. Das Land zahlt 1,6 Millionen Euro für die Grundversorgung aus der Luft, pro Flug sind das rund 750 Euro. Weitere 950 Euro kommen von der Krankenkasse. Die Kosten für Transporte nach Sport- und Freizeitunfällen müssen die Versicherungen der Verletzten bzw. sie selbst tragen.

Der Ausgangspunkt für die Diskussion über die Flugrettung war ein Anfang 2014 ausgebrochener heftiger Streit um einen Heli-Stützpunkt in Mayrhofen im Zillertal. Die ÖAMTC-Flugrettung und Schider Helicopter Service drohten dem Land mit der Auflösung der Flugrettungsvereinbarung. Grund dafür war die Inbetriebnahme des Hubschraubers Martin 7 des Flugunternehmers Roy Knaus (Heli Tirol) in Mayrhofen, die „leise, still und heimlich an allen Behörden vorbei“ erfolgt sei.

Bereits wenige Tage später wurde der Flugplatz des Sanitätssprengels von der Bezirkshauptmannschaft aus Sicherheitsgründen gesperrt, was Knaus als „Willkürakt der höheren Politik des Landes“ bezeichnete. Die Vorwürfe gegen ihn seien Nebelgranaten, die das Ziel hätten, keine neue Konkurrenz zuzulassen. Das Land begründete die Behördenentscheidung damit, dass Heli Tirol im Sicherheitsbereich des Flugplatzes in Eigenregie und „ohne jegliche Abstimmung mit den Verantwortlichen“ eine Fläche aufgeschottert habe, um von dort aus Rettungseinsätze durchzuführen. Die mögliche Staubentwicklung und das Aufwirbeln von Steinen könnten zu Gefahren führen. Als Reaktion darauf „wartete“ Knaus mit seinem Hubschrauber Martin 7 teilweise in der Luft auf Einsätze im Zillertal, woraufhin das Land die Leitstelle aufforderte, künftig keine kreisenden Hubschrauber mehr zu disponieren. Kreisende Hubschrauber würden nicht nur einem geordneten System der Flugrettung widersprechen, sondern auch die Disponierung durch die Leitstelle Tirol erschweren.

Knaus gab nach und meldete Martin 7 ab. Den Stützpunkt reichte er aber in seiner ursprünglichen Form erneut bei der Bezirkshauptmannschaft ein. Im Dezember 2014 wurde ihm der Landeplatz schließlich von der Gemeinde übertragen, seither flog Martin 7 von dort aus 130 Einsätze.

Alle gegen Knaus

Für die bevorstehende Ausschreibung wollen im Übrigen alle Flugrettungsbetreiber außer Knaus eine Bietergemeinschaft bilden – was wiederum Knaus kaltlässt. Er erklärt im Gespräch mit der „Presse“ seinerseits, „mit einem geeigneten Partner aus Europa“ ganz Tirol versorgen zu können und bei der Ausschreibung selbst mitzubieten. „Ein ausländisches Unternehmen hat ohne einen starken Partner aus Österreich kaum eine Erfolgschance“, sagt Knaus. „Daher sind wir derzeit in Gesprächen mit Flugrettern beispielsweise aus Frankreich, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten.“

Auf einen Blick

Ausschreibung. Das Land Tirol wird die Flugrettung im Frühsommer neu ausschreiben. Fünf der sechs Anbieter haben bereits angekündigt, eine Bietergemeinschaft bilden zu wollen. Der sechste Anbieter, Heli Tirol von Roy Knaus, will seinerseits mit einem Partnerunternehmen aus Europa mitbieten. Derzeit sind in Tirol im Winter insgesamt 16 Rettungshubschrauber im Einsatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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