„Ich lag auf dem Bauch, Beamte schlugen mich“

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Wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung stand ein 42-jähriger Wiener vor Gericht. Doch wer ist Täter, wer Opfer? Der Beschuldigte sagt, er sei von mehreren Polizisten misshandelt worden.

Wien. Gibt es bei der Wiener Exekutive „Prügelpolizisten“? Um diese Frage, die sich derzeit wegen mehrerer zumindest diskussionswürdiger Amtshandlungen stellt, drehte sich am Mittwoch ein Strafprozess. Angeklagt war ein 42 Jahre alter, wegen Invalidität in Pension befindlicher Wiener, der am Nachmittag des 19. Jänner am Praterstern eine Amtshandlung gestört haben soll und dann selbst ins Visier der Uniformierten geriet.

Der Beschuldigte, Franz G., soll Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet haben. Außerdem soll er – nach seiner Festnahme – im Wachzimmer Lassallestraße einem Beamten durch Tritte blutige Abschürfungen an dessen Unterschenkeln zugefügt haben. Dies gilt, da es einen Polizisten betrifft, per se als schwere Körperverletzung – und wird G. nun ebenfalls zur Last gelegt.

Laut einem im Zeugenstand aussagenden Beamten war G. eine Schreckschusspistole abgenommen worden. Während später am Wachzimmer ein Sicherstellungsprotokoll ausgefüllt wurde, sei G. aggressiv geworden. Der Zeuge: „Er hat uns attackiert, er hat die Fäuste geballt, gespuckt und einen aggressiven, schnellen Schritt gemacht.“ Und: „Massive Widerstandshandlungen in allen möglichen Formen“ seien gesetzt worden.

Hört man sich jedoch an, was der Beschuldigte zu sagen hat, so verschwimmt die Grenze zwischen dem (mutmaßlichen) Täter und den Opfern; zudem, so Verteidiger Roman Tobeiner, hätten die Beamten (vier waren als Zeugen geladen) in ihren seinerzeitigen Meldungen „wortgleich dieselben Begriffe verwendet“, wodurch deren Angaben „abgesprochen“ wirkten.

Dringliche Anfrage der Grünen

Was also gibt G. zu Protokoll? (Dieser darf sich freilich als Beschuldigter verantworten, wie er will und steht nicht unter Wahrheitspflicht.) Er habe, so sagt er, zunächst nach einer Dienstnummer gefragt und als „Antwort“ einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Am Wachzimmer sei die Sache eskaliert. Er sei zu Boden gestoßen worden. „Als ich auf dem Bauch gelegen bin, haben mich einige Beamte geschlagen.“ Dann habe er einen Fußtritt gegen die linke Kopfseite bekommen. Später sei ein Trommelfellriss festgestellt worden. Weiters eine Gehirnerschütterung, Gesichtsverletzungen und Prellungen.

Ein Polizist schloss als Zeuge aus, dass G. am Wachzimmer verletzt worden sei. Dieser sei ja erst fünf Tage später zum Arzt gegangen. „Was dazwischen passiert ist, kann ich nicht sagen.“ G. erklärte, er habe sich nicht ins Spital getraut, weil er „Probleme“ befürchtete. An der Stelle wurde der Prozess auf 8. April vertagt. Schon heute, Donnerstag, wenden sich die Grünen im Plenum des Nationalrats mit einer Dringlichen Anfrage an ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Dabei werden zwölf Fälle mutmaßlicher Polizeigewalt aufgelistet und 45 Detailfragen gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

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