Allergene: Wien straft säumige Wirte

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Rund 80 Prozent der Wirte haben die Allergenkennzeichnung bereits umgesetzt, teils noch mit Mängeln. Das Wiener Marktamt will nun uneinsichtige schwarze Schafe strafen.

Wien. Zumindest in Wien ist die Schonfrist für uneinsichtige Wirte, die sich nicht an die Allergenverordnung halten, vorbei. Seit 13.Dezember des Vorjahres müssen laut EU-Vorschrift Gastronomen 14 Allergene in ihren Speisen und Getränken kennzeichnen. In Österreich sind eine schriftliche und mündliche Information möglich.

Offiziell war vonseiten des Gesundheitsministeriums und der Wirtschaftskammer stets von einer einjährigen Schonfrist die Rede. „Aktuell gilt die Devise: beraten statt bestrafen“, sagt etwa Raphaela Pammer, Sprecherin im Gesundheitsministerium. Das hält aber die jeweiligen in den Bundesländern zuständigen Behörden nicht davon ab, im Einzelfall doch zu strafen. „Ab jetzt ist die Schonfrist vorbei“, sagt dazu Alexander Hengl, Sprecher des Wiener Marktamts. Nachsatz: „Es ist nett, wenn uns die Wirtschaftskammer Fristen aufoktroyiert, aber an die halten wir uns nicht.“ Immerhin nehme der Großteil der Gastronomen die Kennzeichnungspflicht ernst. „Wenn man das erste Mal seine Speisekarte neu gestaltet und die Allergene ausweist, nimmt das sicher ein paar Stunden in Anspruch. Wie kommen die dazu, die sich bemühen, dass andere das einfach nicht machen und wir dabei zuschauen.“

Höhe der Strafen bei 300 Euro

Allzu viele schwarze Schafe dürfte es aber nicht geben. In Wien haben laut Hengl 80 Prozent der Wirte und Lokalbetreiber die neue Kennzeichnung umgesetzt – wenn auch nicht immer korrekt. „Bei 60 Prozent funktioniert die Umsetzung sehr gut, bei 20 Prozent gibt es noch Mängel.“ Die restlichen 20 Prozent sind entweder säumig, aber einsichtig oder aber komplette Verweigerer. Bis jetzt wurden in Wien rund 500 Kontrollen durchgeführt. Gibt es in einem Betrieb bei der Allergenkennzeichnung Mängel, wird der Wirt über die Übertretung der Lebensmittelinformationsverordnung informiert und bekommt innerhalb einer Frist die Möglichkeit, den Fehler zu beheben. Tut er das nicht, droht eine Strafzahlung, die Hengl derzeit auf rund 250 bis 350 Euro schätzt.

Nur bei schweren Verstößen und im Wiederholungsfall – und je nach Vermögensverhältnissen des Wirtes – kann der Strafrahmen zwischen 50.000 und 100.000 Euro liegen. „So weit wird es aber bei der Allergenkennzeichnung kaum kommen. Das betrifft schwere Verstöße bei der Lebensmittelsicherheit und -kennzeichnung“, sagt Amire Mahmood, Expertin für Lebensmittelrecht im Gesundheitsministerium. Der Rahmen wurde übrigens nach dem sogenannten Pferdefleischskandal erhöht, davor lag er bei 20.000 bis 40.000 Euro.

Auch Mahmood meint, dass zwar in erster Linie informiert und beraten werde. „Wenn sich aber jemand total weigert, wie sollen wir ihn dann beraten? Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, dass im ersten Jahr nicht gestraft wird.“

In Niederösterreich ist man mit der Umsetzung ähnlich weit wie in Wien. „Rund 80 Prozent haben die Kennzeichnung schon gemacht, ein Teil davon allerdings mit Mängeln. Totalverweigerer können wir ihn Niederösterreich aber an einer Hand abzählen“, sagt Walter Mittendorfer von der niederösterreichischen Lebensmittelkontrolle. Gestraft werde in Niederösterreich zwar noch nicht, er kann sich aber vorstellen, dass es bei den Verweigerern bald so weit sein wird. Mittendorfer schätzt die Höhe der Strafen zwischen 100 und 500 Euro ein. In Niederösterreich wurden bis jetzt rund 700 Betriebe geprüft, von insgesamt rund 10.000.

Interesse hält sich in Grenzen

In ganz Österreich werden weiterhin Schulungen zum Thema angeboten. Laut Thomas Wolf, Geschäftsführer des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, haben rund 20.000 Wirte oder Mitarbeiter an den von der Wirtschaftskammer angebotenen Schulungen teilgenommen. Das Interesse an den Schulungen sei groß, während die Nachfrage der Gäste eher verhalten sei. „Bei den Konsumenten ist das Interesse nicht wahnsinnig groß. Ein Allergiker hat ja vorher auch schon gewusst, was er essen darf und was nicht“, so Wolf. Auch unter den Wirten habe sich der Unmut gelegt.

Natürlich sei der bürokratische Aufwand enorm, aber das Thema sei „abgeflaut“. Daran dürfte die derzeit viel diskutierte Registrierkasse nicht ganz unbeteiligt sein.

AUF EINEN BLICK

Allergene. Seit 13. Dezember 2014 muss in der Gastronomie laut EU-Verordnung über Allergene in Speisen und Getränken informiert werden. In Österreich ist eine schriftliche oder mündliche Kennzeichnung möglich. Bei Letzterer muss ein Schild im Lokal darauf hinweisen. Zu den 14 Inhaltsstoffen, die Allergien hervorrufen können, zählen Eier, Milch, glutenhaltiges Getreide, Senf oder Nüsse. Das Wiener Marktamt beginnt dieser Tage, säumige Wirte zu strafen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2015)

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