Causa Alijew: Ex-Spitzenbeamter im Visier der Justiz

Archivbild: Roland Miklau
Archivbild: Roland MiklauClemens Fabry / Die Presse
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Roland Miklau, pensionierter Sektionschef im Justizministerium, soll im Fall Alijew auf seinen Nachfolger eingewirkt haben.

Einer der einst mächtigsten Beamten im Justizministerium befindet sich jetzt selbst im Fokus der Justiz. Das Justizministerium lässt im Zusammenhang mit der Causa Alijew das Vorgehen des langjährigen Sektionschefs für Strafrechtsgesetzgebung, Roland Miklau, auf mögliche strafrechtliche Vergehen prüfen.

"Wir sind vom Justizministerium damit befasst worden. Wir unterziehen das jetzt einer strafrechtlichen Überprüfung", bestätigte der Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Michael Klackl, am Dienstag den Erhalt eines entsprechenden Auftrags.

Miklaus Tätigkeit für die Kanzlei Lansky hatte justizintern schon seit längerem für Diskussionen gesorgt. Nach seiner Pensionierung - der Spitzenbeamte war Ende 2006 in den Ruhestand getreten - hatte Miklau 2011 damit begonnen, sich in Sachen Alijew für die Anliegen des mit ihm befreundeten Wiener Rechtsanwalts Gabriel Lansky stark zu machen - und dies offenbar mit Erfolg.

Lansky vertritt seit 2009 für den kasachischen Verein "Tagdyr" unter anderem die Interessen der Witwen zweier kasachischer Banker, hinter deren Entführung und Ermordung der ehemalige kasachische Botschafter in Wien, Rakhat Alijew, gesteckt haben soll. Weil die österreichische Justiz die Auslieferung des in Kasachstan in Abwesenheit verurteilten Alijew ablehnte, selbst aber zunächst nicht mit Nachdruck gegen diesen vorging, versuchte Lansky ihr Beine zu machen. Dabei war ihm unter anderem Miklau behilflich.

Bei Nachfolger vorgesprochen

Wie die Austria Presseagentur unter Berufung auf schriftliche Unterlagen berichtet, sprach Miklau, der fast 30 Jahre lang die Sektion für Strafrechtsgesetzgebung geleitet hatte, im Mai und im September 2011 bei seinem Nachfolger Christian Pilnacek vor. Über den Inhalt der Gespräche legte Miklau, der von der Kanzlei Lansky einige Zeit als Mitarbeiter geführt und bezahlt wurde, umfangreiche Berichte an.

Am 9. Mai kündigte Miklau Lansky zunächst ein Vier Augen-Gespräch mit Strafrechts-Sektionschef Pilnacek in Sachen Alijew an. Über dessen Verlauf berichtete er am 16. Mai ausführlich: Bei seiner Vorsprache hatte Miklau von einem für 31. Mai anberaumten Besprechungstermin Pilnaceks mit der Staatsanwaltschaft, der Oberstaatsanwaltschaft, dem Außenamt, dem Bundesasylamt und dem Bundeskriminalamt erfahren.

Miklau regte wiederum bei Pilnacek die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls gegen Alijew an. Pilnacek habe einen solchen als "eine Option" bezeichnet, ließ Miklau Lansky wissen. Auch Pilnaceks Einschätzung zu Auslieferungsfragen und möglichen weiteren Verfahrensschritten hatte Miklau in Erfahrung gebracht. Dieses Wissen leitete er an Lansky weiter.

Wenige Wochen später wurde von der Staatsanwaltschaft Wien ein Inlandsverfahren gegen Alijew wegen des Verdachts auf Doppelmord und erpresserischer Entführung eingeleitet. Der Haftbefehl gegen Alijew blieb allerdings aus, weshalb Miklau am 16. September 2011 neuerlich bei Pilnacek erschien.

Dieses Gespräch "war leider ein Misserfolg", so Miklau im Anschluss in seinem Bericht an Lansky. Als er auf das Thema Haft zu sprechen gekommen sei, habe sich Pilnaceks Miene "verhärtet". Pilnacek habe das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts "entschieden bestritten". Eine "rationale Diskussion zur Sache" sei "nicht möglich" gewesen, weshalb Miklau zu Folgendem rät: "Meine Empfehlung für das weitere Vorgehen geht dahin, bis auf Weiteres nicht auf der Ebene des BMJ zu agieren, sondern die Kontakte mit der das Verfahren führenden Staatsanwältin fortzusetzen, auf diese aber keinen übermäßigen Druck auszuüben und sie nicht dem Risiko auszusetzen, sich durch Schriftsätze, Anträge und dergleichen überfordert zu fühlen."

Kein Geld für "Freundschaftsdienst"?

Für Miklau gibt es keinen Grund, sein damaliges Vorgehen kritisch zu hinterfragen oder bedenklich zu finden. "Ich habe nicht interveniert", betonte er gegenüber der Austria Presseagentur. Er sei Lansky seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden und habe aus dieser Freundschaft heraus Pilnacek aufgesucht: "Es ging um die Frage, ob Alijew ausgeliefert werden kann oder nicht." Er habe von Pilnacek keine geheimen, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen bekommen. Er habe auch nicht den Eindruck erweckt, an solchen interessiert zu sein, versicherte Miklau.

Für seinen Freundschaftsdienst habe er von Lansky kein Geld bekommen, bekräftigte Miklau. Finanziell honoriert sei er lediglich geworden, "weil ich eine Tagung für eine Konferenz im albanischen Teil von Mazedonien vorbereit habe".

Mit Miklau seien zwar "viele Dinge besprochen" worden, "aber es war ein Gespräch, wo man das sagt, was man einem Anwalt sagt", legte Pilnacek auf APA-Anfrage seine Sicht der Dinge dar. Um Amtsgeheimnisse sei es dabei nicht einmal ansatzweise gegangen. Er habe auch nicht das Gefühl gehabt, von Miklau "ausgehorcht" worden zu sein, so Pilnacek.

Ganz anders sieht der langjährige Rechtsvertreter von Alijew, Manfred Ainedter, die Angelegenheit: "Es macht einen gravierenden Unterschied, ob der Amtsvorgänger zu Pilnacek geht oder jemand anderer". Aus im Internet kursierenden Unterlagen sei mittlerweile ableitbar, "dass mit Miklau ein pensionierter Sektionschef umfassend in das von Lansky für die Kasachen betriebene 'Projekt Alijew' eingebunden war". Man habe sich nicht einmal bemüht, das zu verschleiern, so Ainedter: "Miklau hat sogar eine eigene Email-Adresse im Kanzleiverband Lanskys gehabt."

Warten auf Obduktionsgutachten

Alijew wurde erst im Juli 2014 in U-Haft genommen. Im Februar wurde er tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt gefunden. Ob es sich - wie seitens der Justiz vermutet - um Selbstmord gehandelt hat, steht nach wie vor nicht offiziell fest - die Staatsanwaltschaft Wien wartet weiter auf ein zweites, bei der Gerichtsmedizin in St. Gallen in Auftrag gegebenes Obduktionsgutachten.

(APA)

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