Steueraffäre Nitsch: Detektive im Schloss Prinzendorf

(c) APA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Das Finanzstrafverfahren gegen Hermann Nitsch und dessen Frau zieht sich in die Länge. Rita Nitsch findet sich derweil als Beklagte in einem kuriosen Zivilprozess wieder.

Wien. „Wieso fragen Sie mich so hinterfotzig? Das ist genau das Spiel, das ich nicht mitspiele.“ Es sind deftige Äußerungen, die einen derzeit unbemerkt von der Öffentlichkeit laufenden, gleichwohl kuriosen Zivilprozess kennzeichnen. Die zitierte Frage stammt von dem wohl legendärsten Detektiv Österreichs, Dietmar Guggenbichler. Und so sind die weiteren Rollen verteilt: Bei dem derart unfein „Befragten“ (später entschuldigt sich Guggenbichler) handelt es sich immerhin um den Richter. Beklagt ist Rita Nitsch, Ehefrau des durch seine Schüttbilder weltbekannten Künstlers Hermann Nitsch (76).

13.680 Euro begehrt Guggenbichler von Rita Nitsch (58). So viel habe der von zwei seiner Detektei-Mitarbeiter durchgeführte Einbau einer Videoüberwachungsanlage auf Schloss Prinzendorf, dem Weinviertler Domizil und Wirkungsort von Hermann Nitsch, gekostet. Notwendig wurde diese Sicherungsmaßnahme nach einem bis heute nicht aufgeklärten Einbruch in das Schloss am 2. März 2013. Damals wurde aus dem Safe im Schlafzimmer von Frau Nitsch Geld und Schmuck gestohlen.

Im Gesamtwert von 500.000 Euro, hieß es. Guggenbichler – das erzählt er nun beim Prozess – will eine Bemerkung von Rita Nitsch „auf Tonband“ haben, wonach eigentlich viel mehr, an die „1,5 Millionen Euro fehlen“ würden. Rita Nitsch bestreitet das. Es sei ihr, als sie Guggenbichler engagierte, gar nicht um die Wiederbeschaffung des Geldes gegangen – sondern in erster Linie um die Ergreifung des Täters. Sehr bald aber habe ihr Guggenbichler Vorhaltungen gemacht. Rita Nitsch: „Er sagte, ich will Schwarzgeld weißwaschen.“

Diesen Verdacht teilte Guggenbichler auch der Finanz mit. Daraufhin wurde ein Finanzstrafverfahren gegen das Ehepaar Nitsch eingeleitet. Vorwurf: Abgabenhinterziehung. Von einer möglichen Schadenssumme von etwa drei Millionen Euro war zuletzt die Rede, weil sich die Finanz bzw. die Republik Österreich im Zuge der Affäre vorsorglich ein Pfandrecht in dieser Höhe unter anderem auf Schloss Prinzendorf eintragen ließ. Hermann Nitsch stellt diese Summe strikt in Abrede. Es geht unter anderem um die Gebarung bei „Ab Hof“-Verkäufen von Bildern. Ob dabei wirklich Schwarzgeld floss, haben die Behörden offenbar noch immer nicht herausgefunden. Das Finanzstrafverfahren ist nach einem Jahr immer noch offen.

Aber zurück zu dem Zivilprozess, der nun im Bezirksgericht Wien Innere Stadt läuft. Richter Thomas Treder will wissen, welchen Wert die nun prozessgegenständliche Leistung von Guggenbichler realistischerweise gehabt haben könnte. Deshalb hat er – zu Guggenbichlers Verdruss – eigens einen Sachverständigen beauftragt. Dazu muss man wissen: Rita Nitsch hat damals für den Einsatz von Guggenbichler das eigentlich vereinbarte Honorar, insgesamt 36.000 Euro, prompt bezahlt. Die nun zusätzlich eingeklagte Summe bezieht sich eben nur auf die von Guggenbichler in Rechnung gestellten Kosten der Alarmanlage.

Der ewige Fall Lucona

Ob der dafür verlangte Preis, 13.680 Euro, gerechtfertigt ist, soll nun eben ein Sachverständiger klären. Dies missbilligt der Kläger. Er brauche keinen Gutachter. Es sei doch klar: Ein Guggenbichler habe eben seinen Preis. Und überhaupt: Schon „im Fall Lucona“, so Guggenbichler in Reminiszenz an seine glorreichen Aufdeckerzeiten, sei um Honorare gestritten worden. „Lucona, wenn Ihnen das was sagt, Herr Rat, aber damals waren Sie noch in den Windeln.“ Das noch: „Ich wurde in 45 Jahren als Privatdetektiv dreimal angeschossen.“

Ob man sich nicht einigen könne, will der Richter von den Parteien wissen. Der Kläger konziliant: „Ich bin bereit auf die Hälfte runterzugehen.“ Rita Nitsch lehnt ab. Schließlich habe sie den versprochenen Bericht über die seinerzeitige detektivische Tätigkeit Guggenbichlers bis heute nicht bekommen. Irgendwann kommen dem Richter grundlegende Zweifel am Kläger. Er unterbricht den Prozess.

Zur Begründung zitiert er einen kompliziert-spröden Paragrafen der Zivilprozessordnung (§ 6a ZPO): Wenn es „Anzeichen für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters“ gibt, dürfe nicht weiterverhandelt werden. Dann müsse erst ein Pflegschaftsrichter prüfen, ob eventuell ein Sachwalter zu bestellen ist. Ein Sachwalter für den Kläger? An dieser Stelle könnte Guggenbichlers Anwalt protestieren. Tut er aber nicht. Rita Nitsch könnte triumphieren. Tut sie aber nicht. Alle Parteien verlassen ohne weiteren Streit den Gerichtssaal.

ZUR PERSON

„.38 Special“ – das war (frei nach der Munition dieses Kalibers) der Spitzname des seit Kurzem in Pension befindlichen Privatdetektivs Dietmar K. Guggenbichler. Der am 29. Juni 1942 geborene Sicherheitsspezialist gilt bzw. galt innerhalb seines Gewerbes als Reizfigur, verbuchte aber unter anderem im Fall Lucona oder in der Noricum-Affäre große Erfolge. Zuletzt wurde er von Rita Nitsch engagiert. [ APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.