Bioeier: Das Ende der Eintagsküken

(c) EPA (Piyal Adhikary)
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Dank Zweinutzungshühnern werden männliche Küken nicht mehr sofort getötet, sondern aufgezogen. Handel, Bio Austria und Vier Pfoten arbeiten an einer Branchenlösung.

Wien. Wer Eier kauft, musste bis jetzt bei einem Großteil der Produkte davon ausgehen, dass die Brüder der Legehenne unmittelbar nach dem Schlüpfen getötet wurden. Das dürfte sich für den Biobereich bald ändern. Derzeit arbeiten Brütereien, Produzenten und der Lebensmitteleinzelhandel an einer Branchenlösung, bei der Bioeier nur dann als solche verkauft werden dürfen, wenn auch die männlichen Küken aufgezogen werden. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen.

1. Wie viele männliche sogenannte Eintagsküken gibt es?

Prinzipiell unterscheidet man in der Geflügelhaltung zwischen Lege- und Masthühnern – mit jeweils eigens dafür gezüchteten Rassen. „Fleischansatz und Legeleistung korrelieren aber gegeneinander. Das heißt je mehr Fleisch ein Huhn ansetzt, desto weniger und langsamer legt es Eier“, erklärt Kornel Cimer von Vier Pfoten.

Die männlichen Küken, die bei der Legehühneraufzucht schlüpfen, rentieren sich daher als Masttiere nicht und werden kurz nach dem Schlüpfen mit CO2 getötet. Laut AMA gibt es in Österreich insgesamt sechs Millionen Legehennen, zehn Prozent davon im Biobereich. Dieselbe Zahl dürfte es also bei männlichen Küken geben. Laut Vier Pfoten wurden im Vorjahr 9,4 Millionen männliche Küken sofort getötet. Auf den Biobereich umgerechnet, geht man also von rund 600.000 männlichen Küken aus, die (vorerst) gerettet werden können.

2. Wie sieht diese Branchenlösung für den Biobereich genau aus?

Da das Thema Eintagsküken von immer mehr Konsumenten kritisiert wird, gibt es mittlerweile verschiedene Bioprojekte, bei denen männlichen Küken eine normale Aufzucht ermöglicht wird (bis zum Erreichen einer auch bei Biomasthühnern üblichen Schlachtgröße). Zu solchen Produkten zählen etwa Haushuhn & Gockelhahn (Vier Pfoten und Ja Natürlich), Hahn im Glück (Zurück zum Ursprung) oder Henne & Hahn (Tonis Freilandeier). Dabei wird auf Zweinutzungshühner gesetzt, bei der die Junghähne für die Fleischproduktion verwendet werden.
Derzeit arbeiten Brütereien (vor allem die Geflügel Gmbh Schlierbach), Bioeierproduzenten, der Lebensmitteleinzelhandel (Rewe, Hofer, Spar), Bio Austria und Vier Pfoten an einer Branchenlösung, die die Aufzucht der männlichen Küken zur Bedingung für Bioeier macht. Die Branchenvereinbarung steht kurz vor dem Abschluss. Derzeit werden bereits bei Schlierbach die ersten Elterntiere der Rasse Sandy eingestallt – zwei Herden mit 5500 Elterntieren. Im April 2016 sind dann die ersten Eier erhältlich, die komplette Umstellung im Biobereich soll bis 2017 abgeschlossen werden. Auch die Zweinutzungsrasse Dual wird von manchen Brütereien dazu verwendet.

3. Werden die Eier teurer, und was passiert mit den Junghähnen?

Die neuen Bioeier sind an der cremefarbenen Schale erkennbar – und werden wohl auch teurer sein. Schlierbach-Geschäftsführer Manfred Söllradl meint dazu: „Die Preise macht der Handel“ und gibt dennoch eine Schätzung ab. So werden kleine Schachteln (sechs Eier) um zehn bis 20 Cent teurer sein, große (zehn Eier) um 20 bis 30 Cent.

Die Hähne werden – nach einer neun- bis zehnwöchigen Aufzucht – zu Suppenhähnen, Frischfleisch oder Hackfleisch verarbeitet. Konventionelle Masthühner werden übrigens fünf bis sieben Wochen lang aufgezogen. Laut Söllradl handelt es sich bei der Rasse Sandy um „sehr vitale Tiere“ mit besonders zartem Fleisch. Neu ist diese Rasse nicht, in Asien ist sie seit 30 Jahren im Einsatz.

4. Wie geht man bei konventionellen Eiern mit dem Thema um?

„Im konventionellen Bereich sind Zweinutzungshühner nicht realistisch“, sagt Michael Wurzer von der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft. Er geht davon aus, dass hier eher die Früherkennung des Geschlechts ein Thema sein wird. Die Technik sei aber noch nicht ausgereift.
Wurzer merkt an, dass Zweinutzungshühner nur für Frischeier infrage kommen. „Nur 43 Prozent der Eier gehen an den Handel, der Rest kommt in die Verarbeitung, Gastronomie und Hotellerie; und hier sind wir dem europäischen Wettbewerb ausgesetzt.“ Er begrüßt die Branchenlösung, hofft aber, dass die Eier nicht zu teuer und dadurch weniger Bioeier gekauft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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