Klosterneuburg: Ein Stift als Immobilienspezialist

Propst Bernhard Backovsky
Propst Bernhard Backovsky(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem Kauf der Magdeburg-Kaserne, in der derzeit Asylwerber untergebracht sind, macht das Stift Klosterneuburg auch als Wirtschaftsunternehmen auf sich aufmerksam.

Klosterneuburg. 9,15 Millionen Euro. Um diese Summe kauft dieser Tage das Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg (Niederösterreich) die im Ort liegende Magdeburg-Kaserne. Damit wechselt das 68.000 Quadratmeter große Areal, auf dem bis Ende 2013 angehende Bundesheerpioniere geschult wurden, die Besitzer. Das Stift möchte seine Neuerwerbung umgehend verpachten. Damit gehen die Wirtschaftsbetriebe des insgesamt 48 Chorherren umfassenden Stifts einem Zweig nach, auf den sie spezialisiert sind: dem Immobiliengeschäft.

Nach Auflassung des Kasernenbetriebs begann die vom Verteidigungsministerium verwaltete Gesellschaft Sivbeg mit der Verwertung der Liegenschaft. Diese Gesellschaft war es dann auch, die den Deal mit den Chorherren unter Dach und Fach brachte. Unterschrieben ist der Kaufvertrag noch nicht. Aber dies ist nur noch reine Formsache. Daher darf sich das 901Jahre alte, vom Babenberger Markgrafen Leopold III. gegründete Stift bereits jetzt um ein respektables Objekt reicher betrachten.

Aktuell verfügt die Immobilienverwaltung des Stifts über gut 4000Pachtverträge für Liegenschaften in Wien und Niederösterreich. Außer in der Babenbergerstadt befinden sich diese Anlagen etwa in Korneuburg oder in Langenzersdorf. Hinzu kommt die Vermietung von circa 700 Wohnungen, Büros und Geschäftslokalen.

Der künftige Pächter der Magdeburg-Kaserne steht längst fest. Es ist, wenig überraschend, die Stadtgemeinde Klosterneuburg. Propst Bernhard Backovsky hat mit ÖVP-Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager bereits eine Kooperationsvereinbarung zur Flächenentwicklung abgeschlossen. Bis nun das Areal neu ausgebaut ist, werden bestimmt noch größere Wassermengen die nahe gelegene Donau hinabfließen. 13 bis 15 Jahre könnte dies dauern. Schulische Einrichtungen, ein Kindergarten, sonstige kommunale Stellen und auch Wohnungen könnten entstehen. Wuchtige Wohnklötze, wie es sie in der von Wohnbaugesellschaften zur Kampfzone erklärten Stadtgemeinde bereits gibt, sollen dem Vernehmen nach aber nicht entstehen. Bürgerbeteiligungsprozesse laufen bereits. Übrigens: Die Gründe rund um die Kaserne gehören schon lang dem Stift.

Vorerst aber wird – trotz oder gerade wegen des Kaufs durch das Stift – um die unmittelbare Zukunft der Kaserne gerungen. Denn diese dient derzeit noch – offiziell bis Ende Mai – als Aushilfswinterquartier vorwiegend für syrische, weiters auch für irakische und afghanische Kriegsflüchtlinge. Um die 250Personen waren zuletzt dort untergebracht. Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden Österreichs wurden die Flüchtlinge von der lokalen Bevölkerung freundlich aufgenommen. Die Unterbringung war aber von vornherein auf sechs Monate begrenzt. Initiativen zur Errichtung eines (kleineren) Dauerquartiers im Ort laufen. Das Stift verspricht, sich „um eine Lösung im Sinn der Flüchtlinge“ zu bemühen. „Wir führen ausführliche Gespräche mit allen Beteiligten“, ergänzt der Wirtschaftsdirektor des Stifts, Andreas Gahleitner. Man darf demnach ausschließen, dass ausgerechnet ein Chorherrenorden per 31.Mai Schutzsuchende kurzerhand auf die Straße setzt.

Über Gewinn schweigt man

Der Kauf der Kaserne wirft freilich die Frage auf, welche Güter das Stift Klosterneuburg noch in seinem Besitz hat. Schließlich gilt es als das reichste Stift Österreichs. Etwa in derselben Liga spielt das steirische Benediktinerstift Admont. Dieses sticht – wirtschaftlich betrachtet – durch mächtige Forstbetriebe hervor. 17.000 Hektar Wald werden bewirtschaftet.

„Die ressourcenreichsten Stifte Österreichs sind Klosterneuburg und Admont“, bestätigt Ferdinand Kaineder, Sprecher der Ordensgemeinschaften Österreichs. Klosterneuburg verweist nun via Sprecher Walter Hanzmann darauf, dass „mindestens zehn Prozent“ seines jährlichen Ertrags in „soziale Aktivitäten“ fließen. Klingt gut, aber auch reichlich abstrakt. Tatsache ist: Das Stift bezieht Einkünfte aus den Geschäftsfeldern Immobilien, Weinbau – Klosterneuburg ist das älteste (seit 1114) und mit mehr als 100 Hektar Anbaufläche eines der größten Weingüter Österreichs –, Forstwirtschaft (8000Hektar) sowie Biolandwirtschaft (230 Hektar) und natürlich durch den Tourismus. Jährlich verzeichnet es 100.000 Besucher.

Also wie hoch ist nun der Ertrag? „Hier will das Stift keinen Einblick gewähren“, blockt Stiftssprecher Hanzmann ab. Auch Kaineder weiß dazu nicht mehr: „Ordensgemeinschaften sind wirtschaftlich eigenständig.“ Aber ganz so groß kann das Mysterium nicht sein, zumal der Gesamtumsatz sehr wohl genannt wird: 30Millionen Euro, erwirtschaftet von etwa 200 Mitarbeitern diverser Betriebe.

LEXIKON

Die Magdeburg-Kaserne wurde 1873 als Pionierzeugdepot errichtet. Schon damals besaß das Stift den Grund. Es verkaufte diesen 1874 um 23.446 Gulden und 80 Kreuzer an das k.k. Kriegsministerium. Danach entstand die Kaserne in drei Ausbaustufen (die letzte war 1913). Das Stift kaufte also Grund zurück, den es einst besessen hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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