Terror oder Überwachungsstaat

(c) Clemens Fabry
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Die Angst vor islamischem Terror kann zu stärkerer Überwachung führen. Christa Chorherr warnt in ihrem neuen Buch "Die Angstspirale" vor beidem.

Wien. Es sei nicht „der Islam“, den es zu fürchten gibt. Und schon gar nicht die vielen Muslime, die in Österreich und Europa leben. Nein, das Problem sei eine Spielart des islamischen Fundamentalismus, „die die eigene als die einzige Wahrheit sieht“, sagt Christa Chorherr. Dabei würden einzelne Sätze aus dem Koran genommen – „und viele Terroristen zimmern sich daraus eine Haltung, die uns allen Angst macht“.

In ihrem neuen Buch „Die Angstspirale“ (Residenz Verlag), das vergangene Woche im Presseclub Concordia präsentiert wurde, geht sie den Ursprüngen dieses Fundamentalismus auf den Grund und liefert einen Überblick über Vertreter des islamistischen Terrors – von al-Qaida bis zur Terrormiliz Islamischer Staat.

Und leitet von einer Bedrohung durch diese Organisationen über zur Frage, inwieweit Österreich und Europa beim Kampf dagegen nicht eine andere Gefahr für das demokratische System in Kauf nehmen: Ob nämlich der Staat die Angst vor Terrorismus als Anlass nimmt, um massiv in die persönliche Freiheit der Menschen einzugreifen.

„Keine Lizenz zum Töten“

Diese Gefahr sieht Peter Gridling, Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), bei der Präsentation nicht. „Wir können nicht tun, was wir wollen“, meint er.

Das BVT sei kein Geheimdienst („Wir haben keine Lizenz zum Töten“) und agiere nur auf Basis der Verfassung. Wenig überraschend sieht Gridling das neue Staatsschutzgesetz, das vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden und 2016 in Kraft treten soll, positiv – immerhin werden den Verfassungsschützern dadurch neue Befugnisse eingeräumt.

Dazu gehört auch, dass künftig potenzielle „Gefährder“ schon ohne konkreten Verdacht überwacht werden dürfen. Wie eine Gefährdung konkret aussieht, sei laut Kritikern des Gesetzes aber nicht nachvollziehbar. Chorherr warnt in diesem Zusammenhang davor, dass mit derartigen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung die Bürger unter einen Generalverdacht gestellt würden, dass damit auch die Unschuldsvermutung ausgehebelt werden könnte.

In diesem gefährlichen Wechselspiel zwischen Terror und Überwachung sei wichtig, die Grundrechte zu wahren, etwa indem staatliche Schutzmaßnahmen wie das Sammeln und Verwerten von Daten nicht ausarten.

„Islam in Europa reformieren“

Auf der anderen Seite, sagt der ebenfalls bei der Präsentation anwesende islamische Religionspädagoge Ednan Aslan, gelte es, den Islam zu erneuern – allzu oft würden Theologien aus dem 7.Jahrhundert unkritisch übernommen und auch dazu verwendet, damit Gewalt zu legitimieren. „Wenn der Islam reformiert werden soll“, so Aslan, „können wir das nur in Europa schaffen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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