Österreich: Osteuropa beschleunigt Bevölkerungswachstum

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Von 77.140 zusätzlichen Einwohnern zogen im Vorjahr 72.324 aus dem Ausland zu. So viele wie noch nie. Unter den einzelnen Nationen gab es vor allem bei Rumänen starke Zuwächse.

Wien. Das Bevölkerungswachstum in Österreich begründet sich nahezu ausschließlich auf Zuzug aus dem Ausland. Die Botschaft an sich ist nicht neu, muss mit der am Donnerstag veröffentlichten demografischen Schlussrechnung (2014) der Statistik Austria jedoch in den Details neu erzählt werden. Das Tempo, in dem das Wachstum fortschreitet, erhöhte sich nämlich erheblich.

Genau 8,584.926 Mio. Einwohner lebten mit Stichtag 1. Jänner 2015 in Österreich. Das entspricht einem Zuwachs von 0,91 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In absoluten Zahlen waren das um 77.140 Personen mehr, von denen 72.324 aus dem Ausland kamen.

Die Attraktivität Österreichs als Zielland dürfte im Vergleich zu 2013 also noch einmal deutlich gewachsen sein. Im Jahr davor betrug nämlich der Saldo aus Zu- und Abwanderung aus dem bzw. ins Ausland „nur“ knapp 54.000. Wie ist dieser deutliche Zuwachs also zu erklären?

Vorweg: Die Zahl jener Personen, die Österreich in Richtung Ausland verlassen, stieg im Lauf der vergangenen Jahre nur leicht an, oder blieb unter manchen Bevölkerungsgruppen sogar konstant. Gleichzeitig stieg jedoch der Zustrom aus manchen Regionen der Welt deutlich. Die mit Abstand stärkste Herkunftsregion ist – natürlich – die Europäische Union. Der freie Personenverkehr macht es vergleichsweise einfach, sich in einem anderen Mitgliedsland niederzulassen. Doch innerhalb der EU gibt es inzwischen große Unterschiede, was die Bereitschaft zur Migration betrifft. Für Österreich bedeutet das: Unter Bürgern der „neuen“ Mitgliedstaaten im Osten ist unser Land besonders beliebt. Zwischen 2005 und 2014 (die sogenannte Osterweiterung fand 2004 statt) stieg die Nettozuwanderung aus dieser Region von anfangs jährlich 9149 auf zuletzt 37.460 jährlich. Das entspricht einer Vervierfachung.

12.710 Rumänen pro Jahr

Sieht man sich die Zuwanderung aus der EU auf Länderebene an, stechen einige Länder besonders hervor. Die Zahl der zugewanderten Personen aus Rumänien hat sich 2014 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Nach 5700 ließen sich zuletzt (netto) 12.710 Personen in Österreich nieder. Damit verdrängten sie nicht nur die Ungarn (7.798) auf Platz zwei, sondern ließen auch noch die Deutschen hinter sich.

Deutsche schwächeln

Dabei ist der Blick nach Deutschland gleich in mehrfacher Hinsicht interessant. So lässt beispielsweise der einst so starke Zustrom aus dem bevölkerungsreichen Nachbarland inzwischen spürbar nach. 2007 war mehr als jeder Dritte aus dem Ausland Zugewanderte ein Deutscher (9527). Im Vorjahr Betrug dieser Saldo nur noch 5562. Der Anteil der Deutschen an den Zuwanderern sank damit auf unter acht Prozent.

Weiters ist bemerkenswert, dass Österreich im Vergleich zu Deutschland für Bürger der EU-Erweiterungsstaaten von 2004 offenbar überproportional attraktiv ist. Das mit über 80 Millionen Einwohnern größte Land der Union zog aus diesen 13 Ländern zuletzt knapp 150.000 Einwanderer pro Jahr an. Österreich, das nur ein Zehntel von Deutschlands Einwohnerzahl hat, immerhin – siehe oben – 37.460.

Innerhalb Österreichs verteilen sich die Zugewanderten alles andere als gleichmäßig. 35 Prozent von ihnen (25.669 Personen) ließen sich in Wien nieder. Danach folgen Oberösterreich (12.314), Niederösterreich (10.214) und die Steiermark (7.549).

Inklusive der bisher noch gar nicht berücksichtigten Binnenwanderung stieg Wiens Bevölkerung im Vorjahr um 30.591 Personen auf 1,797.337 Mio. Einwohner. Mit 1,73 Prozent Zuwachs ist das deutlich mehr als der eingangs genannte Bundesschnitt (0,91 Prozent).

Allerdings: Wien ist nicht die am stärksten wachsende Stadt im Land. Innsbruck (1,92) und Linz (1,86) ziehen relativ gesehen noch mehr Menschen an. Aber auch Graz (1,56), Eisenstadt (1,33) und Klagenfurt (1,28) legten stark zu.

Ein kleiner Teil des Bevölkerungswachstums (4,5 Prozent) war 2014 aber dann doch hausgemacht. Mit 81.722 Geburten überstieg die Zahl der Neugeborenen jene der Verstorbenen um 3470. Das sind um drei Prozent mehr als 2013. Besonders stark fiel das Geburtenplus in Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich aus. (awe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2015)

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