Wiener Ärztekammer setzt Vizepräsidentin Raunig ab

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Die Koalition von Kammerpräsident Thomas Szekeres bekommt neue Probleme.

Wien. Die Vollversammlung der Wiener Ärztekammer traf am Dienstagabend eine womöglich folgenschwere Entscheidung: Eva Raunig, Stellvertreterin von Kammerpräsident Thomas Szekeres, wurde abgewählt. Mit 47:23 Stimmen. Offiziell heißt es zwar, dass nicht Raunig als Person abberufen, sondern ihr Amt abgeschafft wurde: Man sei zu dem Schluss gekommen, dass drei Vizepräsidenten nicht mehr zeitgemäß, zwei also ausreichend seien. Allerdings hat Raunig zuletzt viele Kollegen gegen sich aufgebracht. Von verbrannter Erde ist die Rede. Die Vizepräsidentin sei untragbar geworden, sagt ein Mitglied des Ärzteparlaments.

Mit dem Beschluss wurde jedenfalls eine Satzungsänderung rückgängig gemacht, mit der sich Szekeres bei seiner Wahl im Jahr 2012 Raunigs Unterstützung gesichert hat. Laut Ärztegesetz wird der Kammerpräsident nämlich nur von zwei Personen vertreten, den beiden Kurienobleuten. Doch Szekeres, Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Ärzte, brauchte nicht nur eine Acht-Fraktionen-Koalition, um die stimmenstärkste, die ÖVP-nahe Ärztevereinigung von der Kammerspitze zu verdrängen. Sondern auch 25 Prozent der Stimmen in der Kurie der niedergelassenen Ärzte – denn er selbst ist Spitalsarzt. Und an dieser Stelle kam Raunig ins Spiel, eine Vertreterin des Hausärzteverbandes.

Der Deal ging so: Besorgt sie die nötigen Stimmen, wird Raunig Vizepräsidentin. Und so kam es dann auch.
Nun, nach ihrer Demission, steht die ohnehin schwer geprüfte Viel-Fraktionen-Regierung des Präsidenten – Stichwort Arbeitszeitregelung in den Spitälern – vor einer weiteren Zerreißprobe. Zumal auch etliche Koalitionspartner für Raunigs Abberufung stimmten.

Zuletzt sorgten die geplanten Wiener Primärversorgungszentren für heftige interne Konflikte. Raunig, eine Hausärztin, ist eine vehemente Gegnerin dieser Gemeinschaftspraxen. Andere Fraktionen, allen voran die Grünen Ärzte, fühlten sich dadurch brüskiert. Immerhin betreiben zwei ihrer führenden Vertreter, die Allgemeinmediziner Franz Mayrhofer und Wolfgang Mückstein, eine solche Gruppenpraxis im sechsten Bezirk.

Szekeres konnte den Eklat nicht mehr verhindern. Er habe den Beschluss zur Kenntnis genommen, sagte er am Mittwoch. Dass seine Koalition daran zerbrechen könnte, glaubt er aber nicht. Denn eine Mehrheit hat man nach wie vor. Auch ohne Raunigs Stimme halten Sozialdemokratische Ärzte, Wahlgemeinschaft, Grüne Ärzte, die Fraktion Kammerlight, Turnusärzte, die Liste Wohlfahrtsfonds – Nein, Danke! und Team Reisner bei 51 von 90 Mandaten in der Vollversammlung.

Raunig: Rechtliche Schritte

Doch das nächste Problem steht bereits ante portas in der Weihburggasse, dem Ärztekammer-Hauptquartier. Denn Raunig will die Entscheidung nicht zur Kenntnis nehmen. Es gebe auch andere Rechtsmeinungen, die fänden, dass eine Vizepräsidentin nicht einfach per Satzungsänderung abgesetzt werden könne, erklärte sie der „Presse“. Sie werde sich einen Anwalt nehmen, die Aufsichtsbehörde einschalten und bis zum Verwaltungsgerichtshof gehen.

Immerhin in einem Punkt sind sich die Wiener Ärztevertreter einig: Gegen Kontrollen in den Ordinationen, eine von der Regierung geplante Maßnahme gegen Krankenstandsmissbrauch und falsche Abrechnungen, wird man protestieren. Und, wenn es sein muss, streiken. Auch das wurde von der Vollversammlung beschlossen.

Zur Person

Eva Raunig wurde in der Vollversammlung der Wiener Ärztekammer am Dienstag als Vizepräsidentin abberufen. Die Allgemeinmedizinerin kündigt rechtliche Schritte gegen diese Entscheidung an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2015)

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