Amokfahrt von Graz: Rätsel um Social-Media-Seiten

Der Wagen des Beschuldigten
Der Wagen des BeschuldigtenAPA/ELMAR GUBISCH
  • Drucken

Der Beschuldigte war in offenbar sozialen Netzwerken aktiv, Einträge könnten jedoch gelöscht worden sein. Zwei der 36 Verletzten sind noch in kritischem Zustand.

Nach der Amokfahrt am Samstag in Graz wird nun nach dem privaten Hintergrund des 26-jährigen Beschuldigten geforscht: Der Mann, der drei Menschen getötet und 36 weitere verletzt haben soll, war angeblich in sozialen Netzwerken im Internet aktiv.

Auf einer Facebook-Firmenseite, die dem Beschuldigten von den Ermittlern bereits zugeordnet wurde, ist ein einziger Eintrag in der Chronik zu finden: Das Musikvideo "Beat It" von Sean Kingston ft. Chris Brown und Wiz Khalifa. Darüber steht geschrieben: "Hurensöhne Not In My Name". Das Posting ist mit 20. Juni, 10.39 Uhr datiert - etwa eineinhalb Stunden vor der Amokfahrt.

Die Seite hat etwas mehr als 1100 "Likes", der allergrößte Teil davon stammt allerdings laut Seitenstatistik aus der Zeit nach der Amokfahrt. Jeder Facebook-User kann die Seite "liken", es braucht dafür keine Bestätigung des Betreibers.

Spuren verwischt?

Auf der Facebook-Seite ist unter "Info" auch ein Link zu einer Internetseite angegeben, deren URL auch zu einem Twitter-Account passt. Laut den Ermittlern gibt es Anhaltspunkte, dass auch dieser dem Beschuldigten zuzuordnen ist. Demnach hatte der 26-Jährige mehr als 2000 Follower und folgte knapp 2800 anderen auf Twitter. Dennoch wird kein einziger Eintrag angezeigt. Beigetreten war er im Mai 2013.

Möglicherweise wurden Beiträge von den Profilen gelöscht. Außerdem haben die Behörden kein Handy - der Beschuldigte soll mehrere Mobiltelefone besessen haben - gefunden. "Offensichtlich wollte er alle Spuren verwischen“, wird ein Ermittler von der "Kleinen Zeitung" zitiert. Laut dem Bericht versuchen die Kriminalisten nun, die gelöschten Daten wieder herzustellen. Außerdem werden Datenträger und eine Simkarte, die bei der Hausdurchsuchung gefunden wurden, ausgewertet.

Unbekannte Tote

Aus dem LKH Graz hieß es am Mittwochvormittag, dass sich am kritischen Zustand zweier Opfer nichts geändert habe. Bei der Amokfahrt wurden drei Menschen getötet und 36 verletzt.

(c) APA/POLIZEI (POLIZEI)

Weiterhin nicht identifiziert ist eines der drei Todesopfer: Es handelt sich um eine 25 bis 30 Jahre alte Frau, die keinen Ausweis bei sich hatte. Sie hat weder eine Tätowierung noch eine auffällige Narbe. Sie hatte braune, grau melierte Haare, war 1,56 Meter groß und 53 Kilogramm schwer. Nun soll anhand ihrer Kleidungsstücke die Identität geklärt werden (siehe Bild rechts).

Trauerzug am Sonntag: Route fixiert

APA

Die Route des stillen Gedenkmarschs am Sonntag ist Dienstagnachmittag von den Behörden abgegangen und genehmigt worden: Sie wird aus Sicherheitsgründen nicht der Route der Amokfahrt folgen, sondern wegen der zu erwartenden Tausenden Teilnehmer über breitere Straßenzüge geführt. Der Marsch wird um 16.30 Uhr am Griesplatz starten, über die Grazbachgasse in die Wielandgasse und über den Joanneumring zum Eisernen Tor und Hauptplatz führen. Entlang der Strecke werden Sperren und Fluchtwege errichtet, daher ist eine Teilnahme nur ab Griesplatz möglich. Am Hauptplatz werden einzelne Bereiche geöffnet, um zusätzliche Teilnehmer einzulassen - zu bedenken sei aber, dass der Platz nur beschränktes Fassungsvermögen hat, hieß es seitens der Behörden.

Beim Gedenkakt am Hauptplatz haben neben Bundespräsident Heinz Fischer auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und die steirischen und Grazer Regierungsspitzen ihre Teilnahme zugesagt.

>> Bericht der "Kleinen Zeitung"

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Zu seiner Hauptverhandlung im vergangenen September erschien Alen R. im weißen Anzug.
Österreich

Amokfahrer: Endgültige Entscheidung über Strafe Ende Juni

Ob es für den Grazer Amokfahrer Alen R. bei lebenslanger Haft und Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher bleibt, liegt beim Wiener Oberlandesgericht.
Archivbild:  Die Staatsanwälte Hansjörg Bacher (links) und Rudolf Fauler vor Beginn des Prozesses gegen Alen R.
Österreich

Amokfahrer-Urteil: Ankläger haben "keine Bedenken"

Die Staatsanwaltschaft erhebt keine Rechtsmittel gegen das Urteil. Wegen der Nichtigkeitsbeschwerde der Verteidigung ist es weiter nicht rechtskräftig.
Szene aus dem Prozess von vergangener Woche, im hellen Anzug der - nicht rechtskräftig - Verurteilte
Österreich

Amokfahrer-Prozess: "Geschworene wissen, was sie tun"

Bei einer ORF-Diskussion verteidigten Justizministerium und Anwälte das Urteil von vergangener Woche.
Themenbild
Österreich

Amokfahrer-Prozess: Wie viel Bauchgefühl verträgt die Justiz?

Der Amokfahrer-Prozess hat der Debatte um die Laiengerichtsbarkeit neuen Zündstoff gegeben. Sind Geschworene ein überkommenes Relikt oder ein nötiges Korrektiv zu einem betriebsblinden Justizapparat? Eine Analyse.
PROZESS NACH AMOKFAHRT IN GRAZ: ALEN R.
Österreich

Geschworenen-Entscheidung gegen Gutachter kein Einzelfall

Bis zu sechs Mal jährlich wird anstelle der ursprünglich beantragten Unterbringung eine Haftstrafe verhängt. Nach dem Amokfahrer-Urteil gibt es dennoch Kritik an der Geschworenen-Gerichtsbarkeit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.