Graz: Kannten sich Amokfahrer und Opfer?

Trauer in Graz
Trauer in GrazAPA/ELMAR GUBISCH
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Der Beschuldigte betrieb ein Büro in der Heimatstadt eines der Toten. Bei der Amokfahrt wurden drei Menschen getötet und 36 verletzt.

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„Alle Opfer waren zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Anfang der Woche glaubte die Polizei nicht daran, dass der Grazer Amokfahrer, Alen R., ein Naheverhältnis zu einer der drei von ihm getöteten Personen hatte. Ein persönliches Motiv für die Tat hielt man für unwahrscheinlich. Es könnte sich lohnen, das erneut zu prüfen.

Öffentlich ist, dass eines von R.s Opfern, ein frisch verheirateter Mann, wie der Täter aus Bosnien – allerdings aus einer anderen Region – stammt. Doch diese medial verbreitete Version stimmt nicht mehr. Recherchen ergaben, dass der getötete Adis D. aus genau jener Kleinstadt kommt, die R. seit dem Sommer 2014 auf Geschäftspapieren als Sitz einer Filiale seiner Firma nennt: Velika Kladuša. Ein Zufall?

Am vergangenen Samstag ging D. mit seiner Frau in Graz spazieren. R. fuhr die beiden mit seinem Auto gezielt nieder. Sie waren seine ersten Opfer. D. starb, seine Frau, Adisa, wurde lebensgefährlich verletzt.

Die mehrheitlich von Bosniaken bewohnte Stadt hat knapp 40.000 Einwohner, liegt unmittelbar an der Grenze zu Kroatien und ist von Graz gerade einmal dreieinhalb Autostunden entfernt.

Die Quelle der „Follower“

Das große Mysterium, das manche Medien aus den „Freunden“ und „Followern“ des Täters in sozialen Netzwerken machten, dürfte banale Gründe haben. Eine Datenabfrage zeigt, dass sich viele Personen nach dem Bekanntwerden des vollen Namens von R. mit ihm verbanden. Darunter auch Journalisten. Zudem nutzte er einen Twitter-Dienst, der auch einander völlig unbekannte Personen miteinander verbindet. Und das automatisch. Das könnte erklären, warum der Täter erstens relativ viele und zweitens so unterschiedliche (arabische, asiatische, mitteleuropäische und rechtsextreme) „Follower“ hat.

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