Telekom-Kunden abgehört? A1 und Pilz uneins

Peter Pilz
Peter Pilz imago (IPON)
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Deutschlands BND, so Peter Pilz, hat für die NSA jahrelang Telefongespräche aus Österreich abgehört. Der A1-Konzern bestätigt nun die Existenz betroffener Leitungen.

Wien. Haben sie oder haben sie nicht? Was genau Deutschlands Bundesnachrichtendienst und die NSA der USA in den Jahren von 2005 bis 2008 an den Leitungen der damaligen Telekom Austria (heute A1) so interessant fanden, wird sich wohl nie mehr rekonstruieren lassen. Weil es jedoch um eine – so sie stattgefunden hat – geheimdienstliche Abhöraktion im ganz großen Stil gehandelt haben könnte, sind selbst Mutmaßungen darüber von öffentlichem Interesse. Die A1 gab dazu am Mittwoch ein interessantes Detail bekannt.

Bereits im Mai hatte der Grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz mit der Causa für Aufsehen gesorgt. Er gab an, Beweise dafür zu haben, dass der Berliner BND im fraglichen Zeitraum elf Leitungen der A1 im Auftrag der NSA angezapft hat. Betroffen gewesen seien vom Telekom-Konzern angemietete Kapazitäten auf deutschem Boden.

Pilz gab seine Informationen an die A1 weiter. Die ließ am Mittwoch wissen, dass damals tatsächlich zehn der elf behaupteten Leitungen existierten. Allerdings steht in dem Bericht auch: „In unserem Netz konnten wir keinen Nachweis auf einen Zugriff durch Nachrichtendienste feststellen.“

Eine Feststellung, die nun wiederum Peter Pilz missfällt. Das Anzapfen der Leitungen habe nämlich in Deutschland, nicht in Österreich stattgefunden. A1 führe mit der aktuellen Darstellung seine eigenen Kunden in die Irre.

„Schlimmer als angenommen“

Bemerkenswert an der Untersuchung von A1 ist auch, dass es sich bei den betroffenen Leitungen um Kapazitäten für gewöhnliche Sprachtelefonie handelte. Pilz bewertet das als Indiz dafür, „dass die Sache noch schlimmer ist, als wir angenommen haben“. Ursprünglich war er davon ausgegangen, dass der BND für die NSA insbesondere die Wiener Regierung, OECD und UNO aushorchen sollte. „Nun zeigt sich, dass es um die Massenüberwachung aller Österreicher ging, die Auslandsgespräche führten.“

Forensisch wird sich der Fall wohl nicht mehr klären lassen. Laut A1-Technikern sei – wenn überhaupt – der Nachweis einer Abhöraktion nur mit Live-Messungen zu erbringen. Der „Fall“ ist jedoch mehrere Jahre alt. Pilz hingegen ist sich sicher: Das Abhören hat stattgefunden. Beweis hierfür sei ein von ihm auf seiner Facebook-Seite veröffentlichtes E-Mail. Darin berichtet ein Mitarbeiter der Deutschen Telekom dem BND, dass bestimmte Leitungen „zugeschaltet“ seien. (awe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2015)

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