Bergdorf der Radikalen

Bosnien. Gornja Maoča hat es zu zweifelhafter Bekanntheit gebracht. Die Mehrheit der bosnischen Muslime neigt nicht zu Extremismus.

Wien. Anfangs hatte man in den Dörfern der Umgebung die Umtriebe in der Nachbarschaft noch als skurril abgetan. Doch schon bald rückte der Ort Gornja Maoča ins Visier der bosnischen Behörden. Das auf einem Hügel gelegene Dorf oberhalb der Sava-Ebene war über die Jahre hinweg zu einem Zentrum für Salafisten geworden – für Personen, die dort eine strenge Version des Islam leben wollen. Die bosnische Polizei befürchtete, unter den Dorfbewohnern könnten sich auch gewaltbereite Extremisten befinden.

Bereits 2010 rückten die bosnischen Sicherheitskräfte in das Dorf ein und nahmen mehrere Personen fest. 600 Polizisten waren im Einsatz. Dabei wurden Jagdgewehre und Computer beschlagnahmt. Damals war man tätig geworden, weil die Einwohner des Dorfes dabei waren, eine Art exterritoriales Gebiet aufzubauen. Die Menschen der umliegenden Orte hatten sich zunehmend durch die Bewohner von Gornja Maoča bedroht gefühlt.

Nach der Großrazzia gingen die Aktivitäten in dem Dorf weiter. Treibende Kraft dahinter war lange Zeit der ehemalige Imam und Dorfvorstand, Nusret Imamovic, der rege Kontakte in jenen Wiener Moscheen pflegte, in denen sein Glaubensbruder Ebu Tejma (siehe oben) predigte. Umgekehrt gab es auch in Österreich immer wieder Sympathisanten, die umgekehrt in Gornja Maoča zu Gast waren. Mehrere TV-Aufnahmen des bosnischen Fernsehens, die bei Recherchen in der Ortschaft entstanden, zeigen Autos mit österreichischen Kennzeichen. Immer wieder besuchte auch die Sonderpolizei Sipa die Ortschaft und nahm vereinzelt Personen fest. Zuletzt im Februar 2015, als an mehreren Häusern Fahnen mit dem Symbol des Islamischen Staats (IS) auftauchten.

Spendenaktion für IS-Sympathisanten

Gornja Maoča, wo viele Familien nach der Scharia leben und das als Anwerbe- und Transitzentrum für kampfwillige IS-Sympathisanten gilt, hat auch Unterstützer in Mitteleuropa. Im Juli flog in Deutschland eine Aktion auf, bei der Salafisten Geld für die kleine Gemeinde sammelten.

Bosniens Muslime neigen traditionell nicht zum Extremismus. Das Oberhaupt der islamischen Gemeinde, Mustafa Cerić, hatte sogar immer wieder Kritik an den Wiener Behörden geübt: Diese würden zu wenig gegen in Österreich lebende Bosnier tun, die extremes Gedankengut nach Bosnien importieren. Bereits im Krieg 1992 bis 1995 hatten Extremisten über Österreich vor allem saudische Hilfsgelder für Jihadisten weitergeleitet, die in Bosnien im Einsatz waren. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2015)

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