Ein ungarisches Gericht verhängte am Samstag eine Untersuchungshaft über vier Schlepper. Die Staatsanwaltschaft hatte sie wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr beantragt.
Nach der Flüchtlingstragödie im Burgenland hat ein ungarisches Gericht vier mutmaßliche Schlepper in Untersuchungshaft genommen. Die vier Verdächtigen aus Bulgarien und Afghanistan bleiben bis zum 29. September in U-Haft, sagte der Vorsitzende Richter in Kecskemet, Ferenc Bicskei, am Samstag vor Journalisten.
Die Männer waren nach der Entdeckung von 71 toten Flüchtlingen - darunter vier Kinder - in einem Lkw auf der Ostautobahn (A4) im Bezirk Neusiedl am See am Freitag im Nachbarland Ungarn gefasst worden. Eine Großfahndung brachte die Polizei auf die Spur der Täter. Unter den vier Festgenommenen sind der Besitzer des Lastwagens und zwei Fahrer.
Das Gericht kam mit seinem Entscheid der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Diese hatte auf die "außergewöhnliche Schwere des Verbrechens" verwiesen, dem die Flüchtlinge zum Opfer gefallen seien, und hatte den Männern "geschäftsmäßig" organisierten Menschenhandel vorgeworfen. Die Untersuchungshaft war wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr und möglicher Zeugenbeeinflussung beantragt worden. Die Staatsanwaltschaft werfe den Männern unter anderem Menschenschmuggel und Folter vor. Die Anklage wegen Totschlags werde in Österreich erhoben, sagte Gabor Schmidt, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Laster in Kecskemet gestartet
Die Männer wurden am Samstag unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ins Gericht der Stadt Kecskemet, etwa 90 Kilometer südlich von Budapest gebracht. Die Verdächtigen wurden in vier Polizeiwagen zum Gericht transportiert. Sie trugen Handschellen und wurden von den Polizeibeamten an langen Ledergurten in das Gebäude geführt. Einer der vier Verdächtigen begrüßte die anwesenden Journalisten mit einem "breiten Grinsen", berichtete die Online-Ausgabe der ungarischen Zeitung "Magyar Nemzet". Ein Verdächtiger soll circa 40 Jahre alt sein, die drei anderen zwischen 20 und 30 Jahren. Nach früheren Angaben der Polizei dürften sie einem ungarisch-bulgarischen Schlepperring angehören.
In Kecskemet sei der Laster gestartet, habe die Flüchtlinge nahe Ungarns Grenze zu Serbien aufgenommen und sie dann durch Ungarn nach Österreich gefahren, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörden. Aus diesem Grunde würde der Fall in die Kompetenz der für Kecskemet zuständigen Staatsanwaltschaft fallen, hieß es in der Aussendung. Der Kühllastwagen mit ungarischem Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers war am Donnerstag in einer Pannenbucht an der A4 entdeckt worden. In dem Fahrzeug wurden 71 Leichen von Kindern, Frauen und Männern gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien handelt.
Obduktion wird einige Tage dauern
Zu den Obduktionen hieß es, dass diese im Laufen seien und "zügig aber sorgfältig" durchgeführt werden. Es werde, wie schon erwähnt, einige Tage dauern. Auf ein konkretes Zeitfenster wolle sie sich nicht festlegen, meinte die StA-Sprecherin.
(APA)