Junge Dörfler: Asian Village in Gumpendorf

FEST.Weder schick noch schön, aber beliebt und Festwochen-Ort. Wie macht das die Gumpendorfer Straße bloß?

Wenn die internationale Fibel für den guten Geschmack, Tyler Brûlés Magazin „Monocle“, einen Straßenzug in der eigenen Bundeshauptstadt lobt, dann macht das doch ein bisschen stolz. In der April-Ausgabe wurde die Gumpendorfer Straße als die facettenreichste („most diverse“) Shoppingadresse bezeichnet, sogar als die beste aller bisher im Heft empfohlenen. So viel zur guten Nachricht.

Die schlechte: Im darauffolgenden Text wurde es kitschig. Sogar an kühlen Tagen würde es eine Straße am Rande des Wiener Museumsviertels in Mariahilf geben, die mit ihren Herden die Herzen erwärmt ... nun ja. Obwohl, zugegeben, etwas dran ist – an den vielen Herden wie auch am Kitsch. Denn wenn heute, Samstag, das Kunst- und Straßenfestival „Asian Village“ startet, dann fehlt es in der Gumpendorfer Straße weder an dem einen (Garküchen!) noch an dem anderen. Wobei der Kitsch nur in kleinsten Dosen verabreicht wird – immerhin ist das Fest Teil der Wiener-Festwochen-Schiene „Into the City“, und immerhin: Man war im „Monocle“. Das verpflichtet.

Dass es sich hier nicht um ein biederes China-Spektakel handelt, garantiert auch Susanne Rogenhofer alias DJ Sweet Susie. Die Idee zum Village kam ihr bei einem „Dub Camp“ in Schweden (Dub ist, grob gesagt, eine Spielart des Reggae). Dort waren so viele interessante Musiker und DJs aus Indonesien, Thailand oder Vietnam, von denen man „noch nie etwas gehört hat“, sagt Rogenhofer. Und die wollte sie – gemeinsam mit den Festwochen und der Akademie der bildenden Künste – nach Wien bringen, wo man mit Kreativität aus Vietnam bestenfalls Hofer-Designer La Hong assoziiert.

Als Kulisse ist die Gumpendorfer Straße gut gewählt. Einerseits schick genug (Tyler!), damit die Aktion nicht in die allzu beliebte Migrantenkunst-Schublade gesteckt werden kann. Andererseits entspannt genug, dass alle Mitglieder der „echten“ asiatischen Austro-Communitys, die via Aussendung der indonesischen oder thailändischen Botschaft eingeladen wurden, sich wohlfühlen könnten. Kommt doch der asiatische Hang zum öffentlichen Wohnzimmer mit Garküche und Straßenfriseur (siehe Box unten) der Gumpendorfer Mentalität durchaus entgegen. Denn Nachbarschaft wird in Gumpendorf großgeschrieben. „Die vom Ra'mien kommen zu uns, wir essen drüben, man leiht sich gegenseitig Sachen“, sagt Christian Schädel, Betreiber des Buchcafés „phil“. Und oft hat man auch schon zusammen gearbeitet: So haben die Betreiber des „Finkh“ ein paar Meter weiter stadtauswärts bei Tie Yang, der sowohl Ra'mien als auch Shanghai Tan betreibt und als Pionier der Straße gilt, früher mal gekellnert.

Prinzip Nachbarschaft

Wobei das bilaterale Geschäftsprinzip „Nachbarschaft/Freundschaft“, das sich hier in den vergangenen fünf Jahren etabliert hat, jetzt größer gedacht wird. Sozusagen im Straßenzugformat. Oder sollte man sagen: „Dorf“-Format? Denn mit dem alten Modell der Einkaufsstraßen-Interessengemeinschaft können die neuen, jungen Unternehmer in Gumpendorf oft nicht mehr viel anfangen. Mitglied sein, zu Sitzungen gehen, über Weihnachtsbeleuchtung nachdenken: „Das ist nicht so mein Ding“, sagt Alexander Ehrmann, Leiter der St. Charles Apothecary (zu der auch ein Restaurant, ein Beautyshop und ein „Zentrum für Wohlbefinden“ gehören). Nachdem die Gründung der Grätzelplattform „G6“ gescheitert ist („Es hatte letztlich keiner Zeit“), will sich Ehrmann nun – ganz zwanglos, selbstverständlich – mit den Nachbarn zusammensetzen und überlegen, wie man den unteren Teil der Straße (zwischen Getreidemarkt und Apollo-Kino) weiter beleben kann. Immerhin ist die Gumpendorfer Straße – schick hin oder her – eher hässlich und elendslang als eine Flaniermeile: „Mal schauen, vielleicht machen wir ja unser eigenes Festival“, meint Ehrmann. Und mal schauen, ob das „Monocle“ darüber schreibt.

Auf einen Blick

Dieses Wochenende findet im Rahmen der Festwochen ein asiatisches Kunst- und Straßenfest in der Gumpendorferstraße und Léhargasse statt: Auf einer Elektrokonzertbühne (Ecke Königsklosterg.) treten z. B. Tri Minh (Vietnam) oder Nannue Tipitier (Thailand) auf. Die Galerie der Bildenden Künste zeigt die Arbeit von Heri Dono (Indonesien), Straßenküchen und -friseure (angeblich mit Preisen wie in Peking) komplettieren das Programm.
Der Eintritt ist frei.

Details: www.festwochen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2009)

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