Islamisten hofften vergeblich auf Weihnachtsamnestie

Archivbild, aufgenommen in der Justizanstalt St. Pölten
Archivbild, aufgenommen in der Justizanstalt St. PöltenAPA
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Verurteilte Mitglieder terroristischer Vereinigungen sind grundsätzlich nicht von der "Weihnachtsamnestie" ausgenommen. Aktuell wurden Gnadenersuche verurteilter IS-Mitglieder erst nach Einzelfallprüfungen abgelehnt.

Mehrere vor knapp vier Monaten in Wien rechtskräftig abgeurteilte Mitglieder des Islamischen Staats (IS) haben sich zunächst berechtigte Hoffnungen machen dürfen, im Zuge der jährlichen Weihnachtsbegnadigung durch den Bundespräsidenten vorzeitig auf freien Fuß zu kommen. Grund: Verurteilte Terroristen sind vom Erlass des Justizministeriums zur Durchführung der Gnadenaktion nicht ausgenommen.

Dies erscheint insofern skurril, als der Erlass vom 13. August 2015 sogar Personen ausschließt, die von Verwaltungs- und Finanzstrafbehörden verhängte Strafen verbüßen. Neben Sexualstraftätern dürfen auch keine Schlepper und Suchtgifthändler auf Gnade hoffen. Fälle von Kindesmisshandlung, absichtlicher schwerer Körperverletzung und fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen - letztere dann, wenn die Betroffenen nicht nur wegen dieses Delikts im Gefängnis sitzen - werden vom Justizministerium ebenfalls nicht der Präsidentschaftskanzlei zur Begnadigung vorgelegt.

Fragt man im Justizministerium nach, weshalb bei der traditionellen Gnadenaktion Steuersünder strenger beurteilt werden als Terroristen, räumt man dort ein, dass über den Erlass intern bereits diskutiert wurde und dieser nicht in Stein gemeißelt sei. Irene Köck, Leiterin der Abteilung für Gnadensachen und Amnestien, gab am Montag gegenüber der Austria Presseagentur zu verstehen, dass dieser in den kommenden Jahren durchaus geändert werden könnte, "wenn Verurteilungen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischer Vereinigung öfter vorkommen".

"Es gibt immer auch noch eine Einzelfallprüfung"

Grundsätzlich sei der Erlass nur eine "generelle Richtlinie", betonte Köck. Wenn bestimmte Straftaten nicht in den Ausschließungsgründen erwähnt werden, heiße das noch lange nicht, dass diese automatisch in den Genuss der Weihnachtsamnestie kommen. "Es gibt immer auch noch eine Einzelfallprüfung, ob der Betreffende der Gnade würdig ist. Da wird geschaut, ist der soziale Störwert der konkreten Tat so hoch, dass eine Begnadigung nicht infrage kommt", erläuterte Köck.

Aus diesem Grund sei auch das Gnadenersuchen von drei jungen Männern abgelehnt worden, die Mitte Juni von einem Wiener Schöffensenat unbedingte Freiheitsstrafen zwischen 19 Monaten und zwei Jahren ausgefasst hatten, erklärte die leitende Beamtin im Justizministerium. Den - mittlerweile rechtskräftigen - Feststellungen des Erstgerichts zufolge hatten die gebürtigen Tschetschenen im August 2014 versucht, nach Syrien zu gelangen, um sich dem IS anzuschließen und die Terror-Miliz "wissentlich in der Gruppenmoral und in der Bereitschaft zu bestärken, weitere terroristische Straftaten zu begehen". Sie hätten "geradezu die Absicht" gehabt, "terroristische Ziele zu fördern", so der Kern der Urteilsbegründung.

Weihnachtsbegnadigung

Weihnachtsbegnadigungen haben in Österreich eine lange Tradition. Bereits im 19. Jahrhundert wurden wiederkehrende Sammelbegnadigungen durchgeführt. Zwischen 1938 und 1945 waren sie abgeschafft. Die erste Weihnachtsbegnadigung erfolgte wieder im Jahr 1946, seither findet diese besondere Form von Einzelgnadenerweisen jährlich statt.

Für eine Begnadigung infrage kommen Insassen, die leichtere Delikte begangen haben, etwa einfache Diebstähle, Betrugsdelikte, fahrlässige Körperverletzung oder Verletzung der Unterhaltspflicht. Voraussetzung für eine Weihnachtsbegnadigung ist u.a., dass die verhängte Strafe fünf Jahre nicht überstiegen hat. Die Leiter der Justizanstalten legen dem Ministerium die möglichen Fälle vor, dieses prüft, und der Bundespräsident genehmigt schließlich.

Im Vorjahr wurden zu Weihnachten 30 Häftlinge begnadigt, im Jahr 2013 waren es 18, im Jahr 2012 34. In früheren Jahren kamen bei der "Weihnachtsamnestie" oft bis zu 600 Häftlinge frei. Seit 2003 die Einzelbegnadigung auch während des Jahres eingeführt wurde, gehen die Enthaftungen zur Weihnachtszeit zurück.

(APA)

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