Österreichs Gefängnisse und ihr Handy-Problem

Vieles sieht die Justizwache dann eben doch nicht. Zum Beispiel, wenn in den Zellen illegalerweise per Handy telefoniert wird.
Vieles sieht die Justizwache dann eben doch nicht. Zum Beispiel, wenn in den Zellen illegalerweise per Handy telefoniert wird.Clemens Fabry, "Die Presse"
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Monat für Monat werden in Österreichs Haftanstalten um die 60 Mobiltelefone beschlagnahmt. Ein aktueller Strafprozess um Handy-Raub innerhalb eines Gefängnisses zeigt, wie weit verbreitet das illegale Telefonieren ist.

Das - offenbar nicht zu lösende - Problem ist so alt wie die entsprechenden technischen Möglichkeiten: Seit den 90-er-Jahren, also seit der Zeit, als Mobiltelefone flächendeckend zum Einsatz kamen, werden diese auch in Gefängnisse hineingeschmuggelt. Und schaden dort der Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten. Man denke nur an jene - mit der Außenwelt kommunizierenden - Verdächtigen, die ja eigentlich deshalb in U-Haft sitzen, weil sie ansonsten (mutmaßlich begangene) Verbrechen „verdunkeln“ könnten.

Trotz regelmäßiger Razzien bei den mehr als 9000 Inhaftierten in den 27 Haftanstalten Österreichs reißt das Hineinschmuggeln nicht ab (auch ein Wurf von außen über die Gefängnismauer, hinein in den Gefängnishof, soll hin und wieder vorkommen). Zahlen belegen das Dilemma, das vor allem deshalb entsteht, da allzu scharfe Kontrollen und Haftbedingungen wiederum dem Gedanken der Resozialisierung widersprechen würden: Pro Monat werden um die 60 Mobiltelefone in Österreichs Gefängnissen gefunden. Konkret waren es im September 63 (die Oktober-Zahl liegt noch nicht vor).

Gefundene Geräte werden versteigert

Die sicher gestellten Geräte werden in der Regel für "verfallen" erklärt und an den Bezirksgerichten zwangsversteigert. Die illegale Nutzung durch die Häftlinge wird jeweils mit Ordnungsstrafen belegt.

Wie viele verbotene Telefone tatsächlich in Umlauf bzw. gut versteckt sind, vermag auch die Justizwache nicht zu sagen. Aber soviel darf man voraussetzen: Es müssen ziemlich viele sein. Dies illustriert auch ein aktuell im Straflandesgericht Wien laufender Prozess, der sich um den Raub von zwei Handys dreht – wohlgemerkt um den Raube zweier Handys in einem Gefängnis, nämlich in der Justizanstalt Wien-Simmering.

"Jeder hatte eines!"

Bei diesem Prozess sagten nun Zeugen, nämlich ehemalige oder gegenwärtige Insassen der Anstalt unter Wahrheitspflicht aus. Und was sie da sagten, klang atemberaubend: Einer meinte, er könne sich einen Raub schon deshalb nicht vorstellen, denn: "Da waren genug Handys. Jeder hatte eines." Nicht irgendwelche Geräte, sondern durchaus hochpreisige. Ein anderer meinte gar: "Allein in unserer Zelle hatten wir vier Handys, das waren aber nicht alle, wir hatten soviele, dass es keinen Platz mehr zum Verstecken gab. Daher haben wir zwei Handys in einer anderen Zelle versteckt, wieder andere haben wir verborgt."

Was unternimmt die Justizwache, um die begehrte Schmuggelware (freilich wird außer Handys alles Mögliche - Stichwort: Drogen - in Haftanstalten geschleust) einzudämmen? Sie verwendet routinemäßig „Mobile Finder“, also Geräte, mit denen zumindest eingeschaltete Telefone registriert werden können. Und Sie geht mit den schon erwähnten Razzien gegen das Problem vor.

Angesichts ausgeklügelter Handy-Verstecke aber zuweilen mit nur mäßigem Erfolg. So wurde zuletzt am 16. Oktober bei einer groß angelegten Durchsuchung der Justizanstalt Salzburg nur ein Gerät entdeckt. Und das obwohl 51 Beamte ungefähr 200 Insassen und deren Hafträume gründich durchsuchten.

Funkfrequenzen in einem Gefängnis zu blocken wäre zum Beispiel mit einem Störsender (Jammer) technisch möglich. Dafür bekommt die Justiz aber keine Genehmigung von der Fernmeldebehörde, da sämtliche Telefone, auch die von Passanten in Gefängnisnähe, betroffen sein könnten.

Probebetrieb eines Mini-Störsenders

Die Generaldirektion für den Strafvollzug setzt nun laut ihrem Sprecher Josef Schmoll auf einen Test, der noch bis Jahresende in der Haftanstalt St. Pölten läuft. Dort wird derzeit eine Störtechnik ausprobiert, die im Gegensatz zu flächendeckenden Blockern nur einzelne Räume oder einzelne Abteilung abschirmen soll. Verläuft der Test positiv, könnte diese Technik - sofern das Justizbudget reicht - dauerhaft angeschafft werden.

Doch was nützen diese Bemühungen, solange die Justizwache selber nicht zur Gänze „sauber“ zu sein scheint – wie dies ein weiterer Prozess nahelegt, der im Jänner 2016 im Landesgericht Steyr (Oberösterreich) über die Bühne geht: Dort müssen sich eine (mittlerweile aus dem Dienst ausgeschiedene) Justizwachbeamtin und ein (nunmehr suspendierter) Kollege der Frau wegen Amtsmissbrauchs und Suchtgifthandels verantworten.

Die Beamtin soll (unterstützt durch ihren Kollegen) innerhalb der Justizanstalt Garsten mit Drogen gehandelt haben. Und toleriert haben, dass ein Insasse ein verbotenes Handy nutzte. Auch wenn die Anklage Erfolg hat, darf fairerweise natürlich nur von einzelnen schwarzen Schafen gesprochen werden. Aber eben diese können einigen Schaden anrichten.

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