Es wird ein guter Wein sein . . .

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2014 war eine Katastrophe für Österreichs Winzer. Wenig Wein mit zweifelhafter Qualität. 2015 aber gleicht alles wieder aus.

Ein kritischer Blick ins Glas, dann wandert es gegen das Licht – „dunkles Rubinrot“, befindet der ältere Herr – einmal kurz gerochen, das Glas wird geschwenkt, erneute Riechprobe – „riecht nach Weichseln und Nugat“ –, ein kleiner Schluck, ein Schlürfgeräusch, als der Mann Luft holt – „Fruchtcharme am Gaumen, Kirscharomen“, findet er – und dann ein anerkennendes Nicken zu seiner Begleiterin. Nein, am Zweigelt Heideboden 2013 vom Weingut Hans und Christine Nittnaus in Gols kann man nichts aussetzen.

Es ist wieder die Zeit der Hobbysommeliers, die rund um Martini vor allem im Burgenland ausführlich ihrer Leidenschaft frönen können. Und obwohl es „Martiniloben“ heißt – in Erinnerung an die Novembertage, als sich die Winzer gegenseitig besuchten und die Weine verkosteten –, bleiben die Kellertüren weit über Martini hinaus offen. An diesem Wochenende beispielsweise in Apetlon, Illmitz, Jois und Tadten – und hier kann man nicht nur den heurigen Wein verkosten, sondern auch die Schätze aus anderen Jahren. Die Weintage sind beispielsweise in Rust immer ein guter Zeitpunkt, um bei Ernst Triebaumer vorbeizuschauen. Sohn Gerhard geht bei der Verkostung hin und wieder ganz tief in den Keller und kommt mit einem besonderen Mariental zurück.

Hauptort des Martinilobens ist Gols, wo jedes Jahr im Herbst mehr als 1000 Besucher in den 3700-Seelen-Ort einfallen. Gols hat etwa 100 Winzer – „kein anderer Ort in Österreich hat eine solche Dichte“, erklärt Michael Allacher, Obmann des Weinbauverbands – und diese Winzer sind bekannt dafür, den Flussablagerungen aus dem Alpenraum, dem Urgestein, den Sedimenten aus urzeitlichen Meeren und dem Sand und Lehm einige der besten Rotweine Österreichs zu entlocken.

Claus Preisinger steht weit oben auf der Liste. Mit seinem Blaufränkisch Bühl hat er viele Auszeichnungen gewonnen, wer jetzt eine Flasche Jahrgang 2011 haben will, bezahlt dafür fast 70 Euro. Heuer, sagt Preisinger, sei „ein traumhaftes Jahr“ gewesen. Nun mag die Frage an einen Winzer, ob es heuer einen guten Wein gibt, ungefähr so sinnvoll sein wie die Frage an den Wirt, ob man bei ihm gut isst – trotzdem. In manchen Restaurants stimmt es wirklich, und 2015 ist tatsächlich ein hervorragendes Jahr für Weine, Rot wie Weiß.

Sensationelles Jahr. „Man ist ja schnell mit dem Ausdruck sensationell“, meint Erich Scheiblhofer aus Andau. „Aber heuer waren die Bedingungen wirklich ausgezeichnet.“ Es hat geregnet, als es regnen sollte, und es war trocken, als es trocken sein sollte. Zu trocken vielleicht? „Wir haben ein paar junge Weingärten frühzeitig geerntet“, erklärt Preisinger, „weil die Reben Trockenstress hatten. Daraus haben wir Traubensaft gemacht.“ Aber alle anderen Lagen hätten Hitze und wenig Regen gut überstanden. Und als es im Oktober zu regnen begann, hatte er bereits alles geerntet. Im Gegensatz zu einigen Winzern, die bei ihm zur Verkostung waren und recht nervös wurden, als es tagelang geregnet hat.

Das war auch ein Grund für das schlechte Jahr 2014. Scheiblhofer sagt offen, dass das vergangene Jahr „eine Katastrophe war – bei der Menge sowieso, und teilweise hat die Qualität auch nicht gepasst“. Gernot Heinrich, ebenfalls einer der Topwinzer in Gols, spricht von einem „negativen Image, das man dem 14er anhängt“. So schlecht seien die Weine nicht, glaubt Preisinger. „Es gibt ein paar spannende, interessante Weine. Kühl, frisch, mit einer höheren Säure – man wird ein paar ganz gute Sachen finden.“

2014, das Jahr ohne Sommer, hat freilich mit dem vielen Regen dazu geführt, dass die Trauben platzten und es damit nur wenig Wein gab. Etwa 50 Prozent Einbußen mussten viele Winzer hinnehmen. „2015 hat uns für das vergangene Jahr entschädigt“, erklärt Heinrich. Nicht nur qualitativ, sondern auch in Bezug auf die Menge. Wie also wird 2015? „Der Rotwein wird eine intensive Farbe haben und viel Struktur”, sagt Heinrich. „Die Weißweine werden spannend mit viel Charakter.“ Preisinger spricht von „sehr klaren Fruchtnoten, die Weine haben nichts von Powidl und Zwetschken“. Man werde sehr knackige Weine trinken können. Auch Scheiblhofer spricht von intensiven Rotweinen mit guter Farbe und schönem Charakter. Ideal für seinen Big John, mit dem er seit 15 Jahren Erfolge feiert. Zweigelt, Cabernet Sauvignon und Pinot noir werden heuer für einen besonderen Cuvée sorgen „mit einem derart blöden Namen“, wie sich Scheiblhofer an die Reaktionen mancher Winzerfreunde erinnert.

Auch Innovationen werden die Winzer heuer probieren. In der jüngeren Vergangenheit überraschte ja das Burgenland bereits mit ausgezeichneten Weißweinen, während die Wachau Rotweine kelterte. Mit dem guten heurigen Jahrgang kann man auch wieder „Raw Wines“ probieren – natürlich trübe, etwas oxidierte Weine von fast schon hantiger Gerbstoffigkeit.

Fakten

Weiß gegen Rot.
Zwei Drittel des angebauten Weins in Österreich sind Weißweinrebsorten, ein Drittel Rotweinreben.

Grüner Veltliner
ist die meistangebaute Rebsorte: Sie macht 30 Prozent beim Weißwein aus, gefolgt vom Welschriesling mit acht Prozent.

Zweigelt
führt beim Roten: 14 Prozent macht diese Rebsorte aus, der Blaufränkische kommt auf sieben Prozent.

Ernte.
Im schlechten Ertragsjahr 2014 sind österreichweit nur etwa zwei Millionen Hektoliter Wein hergestellt worden, um 16 Prozent weniger als 2013.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2015)

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