Mehr Unfälle? Experte kritisiert Tempo 80 bei Salzburg

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Laut einem Sachverständigen haben sich nach Einführung des flexiblen Tempolimits auf der A1 bei Salzburg die Unfallzahlen nahezu verdoppelt. Laut Polizei und Land sind die Aussagen unseriös.

Gut acht Monate nach Einführung des flexiblen Tempolimits von 80 bzw. 100 km/h auf der Westautobahn im Bereich der Stadt Salzburg kritisiert ein Gerichtssachverständiger für Verkehrsunfälle Tempo 80. Die Zahl der Unfälle habe sich gegenüber Tempo 100 von jährlich 16 auf 31 fast verdoppelt, sagte Gerhard Kronreif am Montag im ORF-Radio. Polizei und Landesregierung bestätigen diese Zahlen nicht.

Kronreif hat bei seinen Analysen eine "signifikante Steigerung von Verkehrsunfällen" bei Tempo 80 festgestellt: "Es ist bewiesen, dass der Luft-80er zulasten der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer geht." Besonders problematisch sei der Spurwechsel. "Die Lkw-Lenker fahren dort immer mit 80 bzw. teils 90, weil sie auch mit 90 nicht gestraft werden. Wenn die Pkws nicht schneller als 80 fahren dürfen, dann ergeben sich beim Ausfahren, beim Wechseln der Fahrstreifen und beim Einfahren in die Autobahn immer wieder sehr gefährliche Situationen." Zudem würden Autofahrer, die sich an Tempo 80 halten, von hinten von den Schwerfahrzeugen bedrängt, so Kronreif: "Die Lkw haben einen Geschwindigkeitsbegrenzer bei erlaubten 89 km/h eingestellt." Denn aufgrund der Toleranzgrenzen würden sie bei dieser Geschwindigkeit noch nicht gestraft.

Polizei: "Keine signifikante Steigerung der Unfälle"

Die Salzburger Polizei kann die Aussagen Kronreifs nicht bestätigen. "Im Vergleichszeitraum hat es keine signifikante Steigerung der Unfälle gegeben", sagte Dieter Rauchenzauner, der stellvertretende Leiter der Verkehrsabteilung, auf Anfrage der Austria Presseagentur. Eine genaue Auswertung der Unfallzahlen für den Abschnitt liege überhaupt nicht vor, "wo der Sachverständige die Zahlen her hat, will ich nicht kommentieren". Eine Verdoppelung der Unfälle habe es jedenfalls "sicher nicht gegeben".

Die flexible Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Westautobahn zwischen dem Knoten Salzburg und Salzburg-Nord wurde am 4. März aus Umweltgründen eingeführt. Seither ist der Stichstoffoxid-Ausstoß im Vergleich zum Vorjahr um rund 25 Prozent zurückgegangen. Aktiviert war die 80-km/h-Beschränkung von 201 Stunden pro Monat im Juni bis 350 Stunden im März, also nicht einmal zur Hälfte der Zeit. Die übrige Zeit galt wie schon früher Tempo 100 als erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Landesrat: "Höchst unseriös"

Der Salzburger Verkehrslandesrat Hans Mayr (Team Stronach) kritisiert Kornreifs Aussagen scharf: Sie seien "für einen Sachverständigen höchst unseriös". Es sei für ihn absolut nicht nachvollziehbar, wie Kronreif zu diesen Zahlen gekommen sei, sagte der Landesrat am Montag.

Weder bei der Polizei noch in der Landesbaudirektion, in der die Verkehrsabteilung des Landes angesiedelt ist, könnten die Zahlen Kronreifs bestätigt werden, sagte Mayr, der dann aus zwei Statistiken zitierte. So hätten sich von 4. März bis 20. Mai 2014 im fraglichen Abschnitt acht Verkehrsunfälle mit Personenschaden ereignet, heuer seien es elf gewesen. Im dritten Quartal 2014 seien dann 15 Unfälle registriert worden, heuer hingegen nur neun, so der Landesrat weiter. "Wo auch immer er die Zahlen her hat, wird uns ein Rätsel bleiben. Ich halte es für wirklich problematisch, wenn ein Sachverständiger solche Dinge von sich gibt."

Tempo 80 sei nicht seine Erfindung gewesen, und die Maßnahme sei auch nicht zur Reduktion der Unfälle eingeführt worden, betonte der Landesrat. Außerdem gelte der 80er ja keineswegs rund um die Uhr, sondern nicht einmal zur Hälfte der Zeit.

Gutachter: "Zahlen sind Fakten"

Montagnachmittag nahm auf Kronreif Stellung zu seinen Aussagen: "Die Zahlen sind Fakten, da halte ich gerne meinen Kopf hin", sagte der Gutachter der Austria Presseagentur. Er habe die Unfallzahlen direkt von der Autobahnpolizei erhalten und einige Unfälle, etwa wenn ein Lenker gegen das Tunnelportal gefahren sei, nicht mit eingerechnet. Im Unterschied zum Land Salzburg habe er aber Unfälle mit reinem Sachschaden - also ohne Verletzte - sehr wohl einbezogen. Dabei habe sich gezeigt, dass sich in den drei Monaten Probebetrieb im vergangenen Jahr 40 Unfälle auf dem Abschnitt ereignet hätten, im Vergleichszeitraum 2013 seien es 20 gewesen. Und dann habe er noch die Monate von Mitte Mai bis Mitte Oktober 2014 mit dem gleichen Zeitraum 2015 verglichen. Hier sei ein Anstieg von 16 auf 31 zu verzeichnen, sagte Kronreif, in beiden Fällen also jeweils eine Verdoppelung.

(APA)

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