Wintersport: Schneekanonen als Lärmbelästigung

Weiße Einsprengsel zwischen Grün und Braun: So wie in der Ramsau am Dachstein sieht es in vielen Skigebieten aus.
Weiße Einsprengsel zwischen Grün und Braun: So wie in der Ramsau am Dachstein sieht es in vielen Skigebieten aus.(c) APA/BARBARA GINDL
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Die Produktion von Kunstschnee verursacht Lärm. Touristen und Einheimische nehmen das in Kauf, damit trotz der Temperaturen ein wenig Winterstimmung aufkommt.

Flachau. Das Brummen kommt zwar aus der Richtung der Talstation, aber es ist nicht das monotone Geräusch der Gondelanlage. Es sind die Schneekanonen, die in der Talstation Flachau für die akustische Untermalung sorgen. Und das müssen sie auch – rundherum dominieren grüne und braune Töne. Vom Winter ist im Wintersportort keine Spur. Nur ein weißes Schneeband inmitten von grünen Wiesen und Bäumen lässt ein bisschen davon aufkommen, was unter Winterstimmung firmiert.

Vor allem nach Einbruch der Dämmerung wird das Brummen lauter. Denn erst dann laufen die Schneekanonen auf Hochtouren, denn dann ist es kalt genug für die Kunstschneeproduktion. Ein Bild, das sich derzeit in der gesamten Salzburger Skiwelt bietet. Vor allem von Anwohnern unmittelbar neben der Piste ist auch schon die eine oder andere Beschwerde über die Lärmbelästigung zu hören.

„Man hört das Surren schon, aber ich hätte es mir schlimmer vorgestellt“, sagt Lukas Perner, Hotelier in Obertauern. „Gäste haben sich zum Glück noch keine aufgeregt über den Lärm, im Gegenteil, sie sind überrascht, dass man trotz Schneemangels so gut Ski fahren kann.“ Aktuell gebe es auch genug Kunstschnee, aber man freue sich natürlich schon auf Naturschnee.

Auch der Tourismusverband Obertauern spricht davon, dass es keine Beschwerden von Gästen oder Einheimischen gebe. Das Positive wird betont. 22 der 26 Pisten seien geöffnet und es lasse sich ohne Einschränkungen Ski fahren. Hotellerie, Gastronomie und der Einzelhandel zeigen sich vor allem froh, dass es überhaupt Schnee gibt – und die Touristen so positiv gestimmt seien.

Das Brummen, das die Stille der Nacht stört, wird zumeist einfach hingenommen. Immerhin hat man auf diese Weise am nächsten Tag wieder Neuschnee – und die Gäste können zumindest auf einem weißen Band in der grünen Landschaft Ski fahren. Denn egal ob Kunstschnee oder natürlicher Schnee, Touristen kommen ja genau dafür in die Berge.

Nicht nur im Salzburger Land sind die Skigebiete geplagt vom Schneemangel. Auch im Tiroler Skigebiet Wilder Kaiser gibt es noch zu wenig Schnee. Die Schneekanonen laufen jedoch zurzeit nicht. Es ist zu warm. Touristen fahren auf den schmalen Schneebändern, doch wirkliches Skivergnügen will nicht aufkommen.

„So macht das Skifahren einfach keinen Spaß, die Pisten sind schmal, immer wieder sind braune Stellen und Steine in der Piste“, klagt eine Skilehrerin. „Die Talabfahrten sind teilweise schneefrei, da kommt man nicht mal ins Tal hinunter.“

Loipe aus Kunstschnee

Der Schneemangel betrifft aber nicht nur die Pisten für Alpinskifahrer, auch Langläufer müssen mit schmalen Streifen zwischen grünen und braunen Wiesen auskommen. So führt etwa eine Loipe durch das Ortszentrum von Bad Hofgastein – präpariert mit Kunstschnee.

Von der Winteridylle, wie sie in den Shops beim Kurpark auf den Postkarten zu sehen ist, ist man weit entfernt. Vogelgezwitscher und austreibende Äste gibt es hier sonst erst im Frühling.

„Ich freue mich, dass ich trotz Schneemangels schon langlaufen gehen kann“, sagt eine Einheimische, die auf der 0,7 Kilometer lange Loipe unterwegs ist. Die Route durch den Kurpark sei eine echte Bereicherung sowohl für Einheimische als auch für Touristen. Doch bei aller Begeisterung – immerhin sind doch einige Langläufer unterwegs –, wünscht man sich natürlich auch hier echten Schnee.

Dass den Touristen trotz der warmen Witterung das Skifahren ermöglicht werden soll, hat seinen Preis. Skiregionen lassen sich das Beschneien jede Menge Geld kosten. Dieses Geld wird aktuell ausschließlich von den Liftgesellschaften aufgebracht.

In der vergangenen Skisaison wurden Millionen in die Beschneiung der heimischen Skigebiete investiert. So machen beispielsweise allein im Snow Space Flachau die Kosten für die künstliche Beschneiung vier Millionen Euro pro Jahr aus. In ganz Österreich stehen aktuell mehr als 20.000 Schneekanonen auf den Pisten. In der Skiwelt Amadé, die 25 Orte umfasst, gibt es 4500 Beschneiungsanlagen. Jeder künstlich erzeugte Kubikmeter Schnee kostet rund 3,50 Euro. Dieses Geld holen sich die Liftgesellschaften über die teils sehr hohen Skikartenpreise wieder.

Strom und Speicherseen

Dass die Beschneiung so teuer ist, liegt unter anderem am Stromverbrauch. Aber auch das für den Schnee benötigte Wasser ist teuer – für den Betrieb müssen in Reichweite der Skipisten eigens Speicherseen angelegt werden, um die Kanonen mit Wasser zu beliefern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2015)

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