Schwitzen statt sitzen für Parksünder

Wer die Verkehrsstrafe nicht zahlen kann, muss in Haft. Noch.
Wer die Verkehrsstrafe nicht zahlen kann, muss in Haft. Noch. Christian M. Kreuziger / picturedes
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Wer eine Verwaltungsstrafe nicht zahlen kann, muss ersatzweise in Haft. Die Strafe abarbeiten dürfen nämlich nur Leute, die Strafgesetze brachen. Das könnte sich nun ändern.

Wien. Im Strafrecht ist es längst zum Alltag geworden. Wer etwa erstmals einen kleineren Diebstahl begeht, hat gute Chancen, mit einer sogenannten Diversion wegzukommen. Sie ermöglicht Staatsanwälten, Strafprozesse zu vermeiden und stattdessen dem Verdächtigen eine außergerichtliche Buße aufzuerlegen, zum Beispiel eine Geldbuße oder gemeinnützige Arbeit. Aber selbst, wer in einem Strafprozess zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und diese nicht zahlen kann, muss die in solchen Fällen sonst fällige Ersatzhaft nicht mehr fürchten. Denn auch er darf seine Schulden an der Allgemeinheit abarbeiten.

Im Verwaltungsstrafrecht aber gehen die Uhren noch anders. Es gibt weder Diversion noch gemeinnützige Leistung. Wenn also etwa ein notorischer Parksünder seine Strafe nicht zahlen kann, bekommt er eine Ersatzfreiheitsstrafe aufgebrummt. Und muss diese absitzen. Dabei sollte es doch auch in diesen Fällen möglich sein, durch Arbeit Buße zu tun, fordert der grüne Justizsprecher, Albert Steinhauser.

Legistisch zuständig ist für das Thema Verwaltungsstrafen das Kanzleramt. Dort steht man dem grünen Vorschlag grundsätzlich positiv gegenüber. Da der überwiegende Teil von Ersatzfreiheitsstrafen von Behörden verhängt wird, die in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen, seien aber im Hinblick auf die Praktikabilität noch Gespräche mit den Bundesländern nötig. „Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt wird diese Gespräche federführend im Laufe des Frühjahrs führen“, hieß es aus dem Kanzleramt zur „Presse“.

Wo schon geschwitzt wird

Unter dem Motto „Schwitzen statt sitzen“ wurde schon 2007 die Möglichkeit eingeführt, eine Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Leistungen abzuarbeiten. Das betraf aber eben damals nur Ersatzfreiheitsstrafen nach einer strafgerichtlichen Verurteilung und nicht bloße Verwaltungsdelikte. Die Umrechnungsformel lautet: Zwei Tagsätze Geldstrafe bedeuten einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe und diese vier Stunden Arbeit.

Der Verfassungsgerichtshof entschied 2012 zwar, dass die Regel „Schwitzen statt sitzen“ auch bei finanzrechtlichen Verwaltungsdelikten gelten muss. Denn das Finanzstrafgesetz verweise direkt auf das Strafvollzugsgesetz. Einer bulgarischen Schmugglerin, die nur Notstandshilfe bezog, wurde als Erster die Möglichkeit eingeräumt, die Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Wochen abzuarbeiten. Eine Ausdehnung dieser Regel auf generell alle Verwaltungsstrafen lehnte der VfGH 2013 mit Blick auf die unterschiedlichen Gesetze ab. Die Höchstrichter sahen auch kein Problem darin, dass es bei unterschiedlichen Verwaltungsdelikten unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten gibt.

„Nur weil eine Regelung nicht verfassungswidrig ist, bedeutet das nicht, dass sie dadurch rechts- und kriminalpolitisch sinnvoll ist“, meint Steinhauser. Nachsatz: „Kurze Gefängnisstrafen sind immer schlecht.“ Wenn Parksünder Ersatzfreiheitsstrafen absitzen müssten, sei dies nur unsinnig und teuer.

180 sitzen Verwaltungsstrafe ab

Die Strafe abbüßen müssen Leute, die das Verwaltungstrafrecht gebrochen haben, aber in der Regel nicht in einer Justizanstalt, sondern in einem Polizeianhaltezentrum. 180 Leute würden momentan in Österreich eine Verwaltungsstrafe absitzen, erfuhr „Die Presse“ aus dem Innenministerium.

Für Steinhauser ist die Frage, ob man die Strafe in einem gerichtlichen Gefangenenhaus oder in einer Justizanstalt absitzen muss, nachrangig. Eine kurze Haft habe immer negative Begleiteffekte, nicht nur, weil man dort schlechten Umgang habe. Besonders problematisch werde es etwa auch, wenn Leute wegen des Absitzens der Ersatzfreiheitsstrafe ihren Job verlieren.

Indes möchte, wie die „Tiroler Tageszeitung“ berichtete, erneut ein Verkehrssünder die Höchstgerichte bemühen, um dem Arrest nach Verwaltungsdelikten zu entkommen. Diesmal geht es aber um ein anderes Thema. Der Mann will eine Fußfessel, wie sie bisher nur Straftäter bekommen können. Der Mann war ohne Führerschein 40 Mal in Polizeikontrollen gefahren und soll mehr als drei Jahre Haft absitzen.

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