Wien: Ärzte stimmen gegen Schichtdienste

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Um mögliche flächendeckende 12,5-Stunden-Dienste in Krankenhäusern zu verhindern, führen immer mehr Abteilungen interne Abstimmungen durch. Das Ergebnis ist stets dasselbe.

Wien. Seit gut drei Wochen läuft die Onlinebefragung der rund 6000 Wiener Spitalsärzte durch die Ärztekammer. Anfang nächster Woche werden die Ergebnisse präsentiert und sollen Aufschluss über die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes und die Zufriedenheit der Mediziner damit geben. Einer der zentralen Punkte sind die neuen Arbeitszeitmodelle und ihre Bewährung in der Praxis. Parallel zu dieser Befragung haben auch Abteilungen von Krankenhäusern von sich aus begonnen, Abstimmungen über geplante Schichtdienste zu führen („Die Presse“ hat berichtet).

Anlass ist die Sorge vor einer großflächigen Einführung von 12,5-Stunden-Diensten statt der bisher üblichen 25-Stunden-Dienste. Diese führten unweigerlich zu einer Reduktion von Abteilungen bzw. Personal. Denn die gewünschten Einsparungen würde dieses Modell – so die Befürchtung der Ärzte – nur dann bringen, wenn Abteilungen zusammengelegt und Leistungen reduziert werden. Wenn es beispielsweise nur noch eine Augenabteilung oder Dermatologie für Wien gibt (was in der Rudolfstiftung geplant ist), könnte man dort alle Fachärzte konzentrieren und hätte einen ausreichend großen Pool an Ärzten, um so ein Dienstrad, das mit einem höheren Personalaufwand verbunden ist, aufrechtzuerhalten. Eine Abstimmung über 12,5-Stunden-Dienste in der Ersten Lungenabteilung des Otto-Wagner-Spitals ging – wie berichtet – eindeutig aus. Von 28 Ärzten gaben 26 ihre Stimme ab, 25 sprachen sich für die Beibehaltung der 25-Stunden-Dienste aus. In der Zweiten Medizinischen Abteilung (Interne) der Rudolfstiftung war das Ergebnis ähnlich.

Mittlerweile haben weitere Abteilungen darüber abgestimmt. Auch im Krankenhaus Floridsdorf spricht sich die Belegschaft – abgesehen von der Notfallambulanz – für die grundsätzliche Beibehaltung der 25-Stunden-Dienste aus. Ähnlich eindeutig fiel eine Befragung in der Anästhesie-Abteilung des Krankenhauses Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel aus: Von 48 abgegebenen Stimmen votierten 44 Ärzte für den Erhalt der 25-Stunden-Dienste. In der Ersten Neurologischen Abteilung waren sogar alle 13 befragten Mediziner gegen die Einführung von 12,5-Stunden-Diensten. Eine weitere Abstimmung ist am 8. Februar im Labor des Otto-Wagner-Spitals vorgesehen. Die Ärztegewerkschaft Asklepios ruft alle Abteilungen dazu auf, ebenfalls abzustimmen und ihr die Ergebnisse zu schicken.

Zugangsregelung gefordert

Unterdessen spricht sich die Österreichische Ärztekammer angesichts überlasteter Spitalsambulanzen, in denen es derzeit durch die beginnende Grippewelle zu besonders langen Wartezeiten kommt, für Zugangsbeschränkungen zu Ambulanzen aus. Denn die Ursache für die Überlastung sei vor allem in den ungeregelten Patientenströmen zu suchen, sagt Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Vizepräsident der Kammer. Er fordert von der Politik „endlich eine Lösung, bevor das System kollabiert“. Die seit Wochen andauernden Knieschmerzen, das Kleinkind mit Fieber, die Kopfschmerzen, die man am liebsten gleich in der hoch spezialisierten Abteilung abklären lasse: „Mit all diesen Problemen suchen Patienten oft Spitalsambulanzen auf, ohne vorher den Hausarzt oder einen Facharzt zu konsultieren.“

Überlastung der Ambulanzen

Das österreichische Gesundheitssystem sehe zwar eine abgestufte Versorgung (Hausarzt – Facharzt – Spitalsambulanz) vor, regle diese aber nicht. Patienten könnten sich selbst aussuchen, ob sie ihre gesundheitlichen Probleme zuerst vom Hausarzt abklären lassen und sich – falls notwendig – an die geeignete Stelle überweisen lassen, oder ob sie gleich selbst eine Spezialambulanz aufsuchen.

„Dieser ungeregelte Zugang verursacht nicht nur unnötig hohe Kosten, sondern führt auch zur völligen Überlastung, unter der die Spitalsambulanzen täglich fast zusammenbrechen“, sagt Mayer. „Das mag zwar den Eindruck erwecken, man wolle Leistungen kürzen. Diese Reglementierung ist aber in unser aller Interesse, um eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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