Hallenbad: Piktogramme und Baderegeln auf Arabisch

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Nach der Debatte um Belästigung sind Piktogramme, Wachpersonal und Hinweise auf Arabisch in Diskussion.

Wien. Es sind Geschichten, die einem die Lust aufs Baden ordentlich verderben. Auch abgesehen von Verbrechen wie der Vergewaltigung im Theresienbad, die freilich in eine andere Kategorie fällt. Im Wiener Stadthallenbad werde man bisweilen „angegafft wie in einer Peepshow“, erzählt eine regelmäßige Schwimmerin. Im Linzer Parkbad soll ein Mann arabischen Aussehens vor einem Buben masturbiert haben. In Mödling dürfen Asylwerber das Bad nur noch in Begleitung besuchen, da Burschen dort etwa Personal belästigt oder sich in Damenbereichen aufgehalten haben sollen. Selbiges gilt in Bisamberg. Und aus Deutschland häufen sich ähnliche Berichte. Ist Fehlverhalten in Bädern ein Massenphänomen?

Eher nicht. Zwar halten sich junge Asylwerber häufig in Hallenbädern auf. Die Gründe, erklären Betreuer, liegen auf der Hand: In Unterkünften fehlt Platz, genauso wie Alternativen in der Freizeitgestaltung. In Wiens Bädern (die besuchen statistisch immerhin 10.000 Menschen pro Tag) „höre ich fast nichts“, sagt Hubert Teubenbacher, Leiter der MA44 und damit der städtischen Bäder. Bis auf den Fall im Theresienbad. „Ein Einzelfall“, sagt Teubenbacher. Sonst seien Flüchtlinge kaum Thema – allein schon wegen der Besucherstruktur: In Wien sind Migranten seit jeher unter den Badegästen. Und dass Jugendliche egal welcher Herkunft in Gruppen auch unangenehm auffallen können, sei ebenfalls nicht neu.

Trotzdem, in einigen Bädern herrscht nun Handlungsbedarf: Robert Mayer, ÖVP-Stadtrat für Sport und Betriebsleiter des Stadtbads in Mödling, lässt jetzt die Badeordnung auf Farsi, Arabisch und Englisch übersetzen und will diese auch an die Flüchtlingsunterkünfte in der Umgebung schicken. Außerdem will er Piktogramme anbringen lassen, die auf Damen- und Herrenbereiche hinweisen. „Wir reichen die Hände“, sagt er, um den Eindruck zu vermeiden, Migranten seien im Mödlinger Bad nicht willkommen. Überhaupt seien die Probleme vorbei, seit die Asylwerber in Begleitung kommen, nun könne man sich verständigen. Und in Mödling hat die Debatte auch Positives gebracht: „Eine Frau will gratis Schwimmkurse für Flüchtlinge anbieten.“ Denn ein anderes Problem neben möglichem Fehlverhalten ist oft, dass viele Flüchtlinge Nichtschwimmer sind – man denke an viele Fälle ertrunkener Asylwerber im vorigen Sommer.

Auch in Salzburg sind Piktogramme nun in Überlegung. Dort wurde heftig darüber diskutiert, dass Gratiskarten für das Paracelsus-Bad an Asylwerber verteilt wurden. Nach Beschwerden über Belästigung gibt es die Gratiskarten nicht mehr – stattdessen einen Sicherheitsdienst. Auch in Linz wird nun das Bäderpersonal aufgestockt.

Keine Comics für Wien

Während man etwa in München mit einer Aufklärungskampagne mit Comicbildern zum richtigen Verhalten gute Erfahrungen gemacht hat, ist so etwas in Wien kein Thema. „Bei uns hängen schon genug Zettel. Dafür, dass man niemanden angreifen darf, sollte kein Piktogramm nötig sein“, sagt Teubenbacher. Und ergänzt, dass man mit dem üblichen Aufsichtspersonal gut auskomme.

Martin Schelm von der Caritas-Unterkunft für unbegleitete Minderjährige in Maria Enzersdorf – die Burschen von dort besuchen gern das Bad in Mödling – sagt, es gehöre ohnehin zur „Alltagspädagogik“, Themen wie den Umgang mit Frauen, Nacktheit usw. zu besprechen. Eigene Workshops seien jetzt nicht nötig, „das ist bei uns wie in einer Familie, man redet, reflektiert im Alltag.“ Für viele Burschen sei Nacktheit in der Öffentlich freilich neu. „Vielleicht haben sie in Kabul kein Freibad, aber sie schauen auch in Afghanistan YouTube und Musikvideos. Auch, wenn jemand dann im ersten Moment, wenn er in einem Bad mit halb nackten Frauen steht, vielleicht irritiert ist, haben die meisten eine starke Sehnsucht, hier zu leben, sich anzupassen, dazuzugehören.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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