Fünf Jahre Wartezeit in Graz

Seit Jahren stellen Schwule und Lesben als Einzelpersonen einen Antrag auf Adoption.

Auch wenn homosexuelle Paare einen gemeinsame Antrag auf Adoption eines inländischen Kindes stellen können, ist in der steirischen Landeshauptstadt deshalb kein Ansturm ausgebrochen: Bisher wurde kein Antrag gestellt, aber 2015 hatte jeweils ein Mann zweier Paare in eingetragener Partnerschaft einen als Einzelperson gestellt, hieß es seitens der Stadt Graz.

Derzeit beträgt die Wartezeit auf ein Baby in Graz fünf Jahre - egal ob hetero- oder homosexuell. Seit Jahren stellen Schwule und Lesben als Einzelpersonen einen Antrag auf Adoption und werden von den Behörden gleich behandelt wie heterosexuelle Einzelpersonen: Die Haushalte und das Umfeld der potenziellen Mütter und Väter werden stets individuell geprüft und dabei kommen auch immer wieder gleichgeschlechtliche Partnerschaften vor, schilderte Jutta Eigner. Sie bietet in Graz Kurse für Adoptiveltern an und hat in den vergangenen Jahren auch schon homosexuelle Paare in ihren Seminaren betreut.

Eigner habe die Erfahrung gemacht, dass homosexuelle Paare "oft schon einiges bewältigt haben, bis sie in den Kurs kommen". Deshalb seien diese Partnerschaften mit Kinderwunsch besonders stabil. Die Frage sei eher, wie die Gruppe damit umgehe, aber auch da habe sich gezeigt, dass homosexuelle Paare von den anderen im Kurs geschätzt werden. Etwa einmal pro Jahr habe die Expertin ein homosexuelles Paar im Kurs, weil eben schon früher die Möglichkeit der Adoption durch eine Einzelperson bestanden hat.

Früher wurden Kinder aus dem Inland fast ausschließlich an verheiratete Paare vergeben, dies habe sich Eigners Einschätzung nach vor allem in Graz geändert. Entscheidend sei jedoch immer, was die leibliche Mutter des Babys will: "Oft wünscht sich die noch immer klassisch ein heterosexuelles Paar als Eltern", schilderte Eigner im APA-Gespräch.

Vasiliki Argyropoulos vom Grazer Jugendamt wusste von zwei schwulen Pärchen, die im Vorjahr über Einzelperson-Anträge auf die Warteliste kamen. Da die Wartezeit mit fünf Jahren lang ist, werden sie darauf hingewiesen, dass sie sich gleichzeitig auch bei anderen Bezirkshauptmannschaften anmelden können. 2015 wurden in Graz insgesamt sechs Kinder adoptiert, im Jahr davor waren es laut Argyropoulos acht.

Für einige wenige hetero- und homosexuelle Paare ist eine Pflegeelternschaft der Einstieg zur Adoption, doch nur alle drei bis vier Jahre würde ein Pflegekind in Graz tatsächlich von seinen Pflegeeltern adoptiert. Es werde eher versucht, das Kind wieder zu seinen leiblichen Eltern rückzuführen oder es bleibt einfach bis zum 18. Lebensjahr bei den Pflegeeltern.

Für die gesamte Steiermark liegen die Zahlen über Adoptionen von 2015 erst Ende März vor. 2014 waren in der Grünen Mark 269 Adoptionsanträge gelistet und zehn Kinder kamen zu ihren neuen Eltern. Für Auslandsadoptionen sei bis dato noch kein Antrag von einem homosexuellen Paar gestellt worden, hieß es aus dem Sozialreferat. Ob eine Adoption möglich ist, oder nicht, hänge jedenfalls vom Herkunftsland und den dortigen rechtlichen Bestimmungen ab.

Für die Inlandsadoption bleibt in etwa gleichaltrigen Paaren - egal ob hetero- oder homosexuell - ein Zeitfenster von rund zehn Jahren: Untergrenze für den Antrag ist 30 Jahre. Als Obergrenze wird die Differenz zwischen dem jüngeren Partner oder Partnerin sowie dem Kind herangezogen. Sie darf nicht mehr als 45 Jahre betragen. Bei einer Wartezeit von fünf Jahren sollten daher adoptionswillige Paare, die ein Baby wollen, zwischen ihrem 30. und 40. Lebensjahr einen Antrag stellen.

(APA)

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