Integration: Salzburger Werte-Crashkurs

Salzburgs grüne Integrationslandesrätin Martina Berthold.
Salzburgs grüne Integrationslandesrätin Martina Berthold.(c) APA/BARBARA GINDL
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Import aus Berlin: Ein Projekt macht Männer mit Migrationshintergrund zu Botschaftern europäischer Werte. Tradierte Vorstellungen von Männlichkeit sollen abgelöst werden.

Salzburg. Es ist ein kleines Rollenspiel, das die Jugendlichen aufrüttelt: Ein junger Bursch rückt nach Rache sinnend am Abend aus, weil seine Schwester noch nicht zu Hause ist. Der Bruder muss ihre Ehre verteidigen. Mit Szenen wie dieser steigen die Heroes gern in ihre Diskussionen mit Schulklassen ein.

Egal, ob die Jugendlichen selbst Migrationshintergrund haben oder nicht: „Nach kurzer Zeit wird intensiv diskutiert, die Jugendlichen öffnen sich und es verändert ihre Perspektive“, erzählt Yilmaz Atmaca im Gespräch mit der „Presse“. Im Jahr 2007 hat der deutsch-türkische Theaterpädagoge mit dem Berliner Verein Strohhalm das Projekt Heroes aufgebaut. Die Idee hinter der Initiative zur Gewältprävention: Junge Männer mit Migrationshintergrund werden zu Heroes ausgebildet, zu Botschaftern für Gleichberechtigung und Menschenrechte.

Anliegen Gleichberechtigung

Sie lernen dabei, die tradierten Vorstellungen von Ehre und Männlichkeit infrage zu stellen und gegen Unterdrückung oder Gewalt aufzutreten.

Weil sie die Welt der ursprünglich aus der Türkei, aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak stammenden Familien kennen, werden sie von den Jugendlichen auch als Gesprächs- und Diskussionspartner akzeptiert. „Wir sind kein Integrationsprojekt, wir arbeiten mit den Wertehaltungen der Teilnehmer“, erklärt Atmaca. Gleichberechtigung, das Infragestellen von Geschlechterrollen, Menschenrechte und Gewaltverzicht sind die Anliegen von Heroes.

Seit dem Start vor bald zehn Jahren wurden 35 Helden ausgebildet und 10.000 Jugendliche erreicht. Eine Evaluierung hat gezeigt, dass die zwei Stunden Arbeit in der Klasse wirken: „Die Teilnehmer haben noch ein Jahr nach dem Projekt Gewalt gegen Frauen abgelehnt“, berichtet Atmaca. Vor dem Workshop hatte das unter den Jugendlichen eine hohe Akzeptanz.

„Wir waren selbst überrascht, wie stark der Eindruck ist, den zwei Stunden Diskussion hinterlassen“, erklärt der Theaterpädagoge. Salzburg wird das Projekt, das ursprünglich aus Schweden kommt, übernehmen. Dieser Tage endete die Ausschreibung, Akzente Salzburg hat sich als Projektträger durchgesetzt. Rund 100.000 Euro stellt das Land zur Verfügung, um in den kommenden Monaten zwölf junge Männer im Alter zwischen 17 und 23 Jahren zu Heroes auszubilden und fit für Diskussionsrunden und Rollenspiele in Schulen zu machen.

Heroes ab 2017 an Schulen

Wichtigste Voraussetzung: Sie müssen aus jenen Milieus kommen, in denen patriarchale Strukturen herrschen und die Ehre eine dominante Rolle spielt. Im Rahmen einer mehrmonatigen Ausbildung lernen diese jungen Männer ihre Ansichten zu hinterfragen und entwickeln Perspektiven für eine gleichberechtigte Gesellschaft.

Die sexuellen Übergriffe, die in der Silvesternacht nicht nur in Köln, sondern auch in Städten wie Salzburg für Schlagzeilen gesorgt haben, waren nicht der Anlass dafür, dass sich Salzburg für das Berliner Präventionsprojekt interessiert hat, betont Philipp Penetzdorfer, Sprecher von Integrationslandesrätin Martina Berthold (Grüne). Es stand schon lang auf der Wunschliste.

Aber die Vorfälle zeigten, wie wichtig es sei, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Geht alles nach Plan, dann werden die ersten Heroes in Salzburg Anfang 2017 in die Schulen gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2016)

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