Salzburg: Kulturhauptstadt trotz Politiker-Nein?

Austria, Salzburg, view to the city
Austria, Salzburg, view to the cityHarald Nachtmann / Westend61 / picturedesk.com
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Der Dachverband Salzburger Kulturstätten will eine Diskussion über eine mögliche Bewerbung als Kulturhauptstadt 2024 in Gang bringen – gegen die Politik.

Salzburg. Bewerbungen um Olympische Spiele, Expo-Standorte oder Weltmeisterschaften: Meist ist es die Politik, die die Bevölkerung von prestigeträchtigen Großveranstaltungen überzeugen will. In Salzburg ist es umgekehrt: In der Festspielstadt bemühen sich Vertreter der Zivilgesellschaft seit Monaten, eine Diskussion über die Bewerbung Salzburgs als Kulturhauptstadt 2024 in Gang zu bringen. Die Politik winkt ab.

In acht Jahren steht Österreich nämlich zum dritten Mal nach Graz (2003) und Linz (2009) eine Nominierung zu. Salzburg gehört – zumindest offiziell – nicht zu den Anwärtern auf diesen von vielen begehrten Titel. Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) hat mehrfach betont, kein Interesse an einer Bewerbung zu haben. Die damit verbundenen Projekte seien zu teuer und nicht nachhaltig, argumentiert das Stadtoberhaupt. Doch der Dachverband Salzburger Kulturstätten will dieses Nein nicht einfach hinnehmen. Salzburg solle zumindest darüber diskutieren, ob eine Bewerbung sinnvoll sei, forderte Tomas Friedmann, Leiter des Salzburger Literaturhauses und Kulturhauptstadt-Beauftragter des Dachverbands, im Gespräch mit der „Presse“. „Die Idee stößt in kulturinteressierten Kreisen auf großes Interesse“, sagt Friedmann. Um die Initiative auf breitere Beine zu stellen, formiert sich derzeit ein Personenkomitee für eine Bewerbung. Mitglieder werden neben Friedmann u. a. der Leiter des Schwerpunkts Kunst und Kultur der Universität Salzburg und ehemalige Leiter der Festspiel-Finanzen, Gerbert Schweighofer, und die Salzburger Architektin Ursula Spannberger sein.

Nicht nur Mozart

Lobbying für die Idee soll auch anlässlich der Wanderausstellung „Kulturhauptstadt 2024“, die ab 7. April in Salzburg Station macht, betrieben werden. Dabei werden jene Ideen gezeigt, die Studierende auf Initiative der Technischen Universität Wien im Zusammenhang mit einer österreichischen Kulturhauptstadt 2024 in einer Lehrveranstaltung entwickelt haben. „Wir wollen nicht so schnell locker lassen“, sagt Friedmann und will sich von der ablehnenden Haltung des offiziellen Salzburg nicht entmutigen lassen. „Es gibt viele Informationsdefizite“, glaubt er: „Vielleicht hat man da auch noch ein Olympiatrauma, das man verarbeiten muss.“

Wichtig ist Friedmann der Diskussionsprozess über die Stadtentwicklung, der im Rahmen einer Bewerbung notwendig wäre. Salzburg sei bekannt für Mozart und Hochkultur. „Aber wer sagt, dass das in zehn Jahren so ist?“, fragt er. Kulturhauptstadt heiße nicht, dass man drei Museen oder ähnliche Prestigeprojekte bauen müsse. Es gehe um Stadtentwicklung, Bildung, Verkehr, Wohnen, Soziales. Die Kosten hält er nicht für das Problem. Realistisch sei ein Budget von 60 Millionen Euro. Wenn das über mehrere Jahre aufgebracht werde, wäre das machbar. Unterstützung erhält er mit seinen Ideen von den Neos und den Grünen. SPÖ und ÖVP sind dagegen.

Noch ist Zeit für einen Schwenk: Der innerösterreichische Bewerbungsprozess startet 2018.

AUF EINEN BLICK

Kulturhauptstadt. Mit Linz und Graz stellte Österreich bereits zwei Kulturhauptstädte – 2024 darf das Land ein drittes Mal eine Stadt nominieren. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) hat eine Bewerbung bereits mehrmals ausgeschlossen – das sei zu teuer, zu viel Aufwand. Kunst- und Kulturschaffende aus Salzburg wollen sein Nein aber nicht akzeptieren. Es formiert sich ein Personenkomitee, das zumindest eine Diskussion anstoßen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2016)

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