Praterstern: Polizei setzt auf Videoüberwachung

Clemens Fabry
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Allein im März und April wurden dort knapp 420 strafrechtliche Delikte angezeigt. Die Polizei will ihre Einsatzkräfte in die Nachstunden verlegen um wieder ein "sozial verträgliches Bild" herstellen zu können.

Drogendeals, Rauferien, eine Vergewaltigung: 420 Straftaten wurden am Wiener Hotspot Praterstern allein in den vergangenen zwei Monaten verübt. Um die dortige Kriminalität einzudämmen, setzt die Wiener Polizei ab 1. Juni unter anderem auf mobile Videoüberwachung. Zudem sollen die Einsatzkräfte vermehrt in den Nachtstunden auf Streife gehen, kündigte Polizeipräsident Gerhard Pürstl am Freitag an.

Aktuell würden "verschiedene Phänomene" am Praterstern ein "berechtigtes Ärgernis" hervorrufen und dem "subjektivem Sicherheitsgefühl nicht zuträglich" sein. Die 420 Delikte wurden im März und April am Bahnhof verübt - sie machen laut Pürstl rund ein Prozent der gesamten Kriminalität in Wien aus. Je ein Drittel der Anzeigen am Praterstern betrafen Suchtmittelhandel sowie Eigentumskriminalität wie Trick- und Taschendiebstahl. Die Polizei verzeichnete auch 57 Fälle von Körperverletzung und anderer Gewalttaten. Drogenhandel und Gewaltdelikte werden laut Pürstl mit 42 Prozent vorwiegend von Nordafrikanern verübt, 29 Prozent der Anzeigen betrafen Österreicher.

Bei Festnahme Aylantrag

Die Nordafrikaner würden sich durch "schnelles, arbeitsteiliges Verhalten, minimalen Respekt vor der Obrigkeit" sowie auch durch sofortige Flucht und Widerstand bei der Festnahme auszeichnen. "Und bei der Festnahme werden sofort Asylanträge gestellt", schilderte Pürstl. Die "große Migrantenszene" am Praterstern führe auch zu "Revierabsteckungen durch Gruppenbildung", erläuterte der Polizeipräsident. Insgesamt habe sich die Szene zwischen Obdachlosen, Suchtkranken, Dealern und Asylwerbern "stark vermischt".

Dem stimmte auch der Wiener Drogenkoordinator Michael Dressel zu. Unter den Alkoholkranken würden sich neben Österreichern auch Polen, Slowaken und Ungarn ohne Anspruchsrechte befinden. "Wir kennen alle, fast alle sind in Betreuung", sagte Dressel. Bei den Asylwerbern seien es insbesondere Afghanen, "junge Männer zwischen 15 und 30 Jahren", die ihre Zeit am Praterstern und in der Venediger Au verbringen. Sie stammen aus einem anderen Kulturkreis und haben eine andere Wertehaltung, sagte Dressel. Bei ihnen werde "Gewalt gegen Frauen als Kavaliersdelikt gesehen", sagte der Experte. Diese Menschen "brauchen Perspektiven, Sprache, Bildung, Beschäftigung". Ansonsten drohe eine "Spirale der Gewalt", warnte Dressel.

Vergewaltigung war offenbar geplant

Auch die drei Verdächtigen, die eine Studentin in der Vorwoche am Praterstern vergewaltigten, sind afghanische Asylwerber. In diesem Fall haben sich die drei Täter "zuvor verabredet und die Tat ganz klar geplant", sagte Pürstl. Und gegen ein derart "gezieltes Handeln von Personen ist nicht viel Kraut gewachsen".

Bereits jetzt wird das Bahnhhofsgebäude von den ÖBB videoüberwacht. Ab 1. Juni soll zudem der mobile Überwachungsbus der Polizei rund um den Praterstern unterwegs sein. "Damit ist es uns möglich, die Videoüberwachung flexibel, von Tag zu Tag und Stunde zu Stunde, woanders hin zu verlegen. So weiß niemand, wo gerade überwacht wird", sagte Pürstl. Noch im Mai umgesetzt werden soll die Verstärkung der Polizeipräsenz in den Nachtstunden.

Gewalt passiert eher abends und nachts

Denn die meisten Gewalttaten passieren laut Pürstl zwischen 19.00 und 1.00 Uhr früh. Überhaupt keine Gewaltdelikte verzeichnete die Statistik der Polizei in den vergangenen zwei Monaten zwischen 7.00 und 14.00 Uhr. Bereits jetzt sind nach Behördenangaben jeden Tag rund 100 Beamte an den Hotspots Praterstern sowie entlang der U6 am Gürtel unterwegs.

Als weiteren Punkt führte Pürstl die verstärkte Zusammenarbeit mit Partnern wie den ÖBB, Wiener Linien sowie der Suchthilfe Wien an. Mit all diesen Maßnahmen soll es gelingen, am Praterstern wieder ein "sozial verträgliches Bild herstellen zu können", sagte Pürstl. Die Suchthilfe ist bereits jetzt jeden Tag von 9.00 bis 22.00 mit zehn Mitarbeitern am Praterstern unterwegs und spreche auch aktiv das dortige Klientel an, erklärte der Drogenkoordinator.

Nischen sollen zugemauert werden

Zudem sollen am Bahnhof auch bauliche Maßnahmen wie das Zumauern von unübersichtlichen Nischen umgesetzt werden. Gewünscht werden auch betreute WC-Anlagen, hier gebe es aber noch "Gesprächsbedarf mit den ÖBB", sagte Dressel.

Eine Gesetzesnovelle sorgte mit Jahresbeginn dafür, dass das Vorgehen der Exekutive gegen Suchtmittelhandel im öffentlichen Raum erschwert wurde. Anfang Juni soll das Suchtmittelgesetz "repariert" sein und die Problematik deutlich entschärfen - mit einer abermaligen Gesetzesänderung, die den Suchtgifthandel im öffentlichen Raum zu einem eigenen Tatbestand macht. Dann könne der Drogenhandel dort bekämpft werden, "wo er stört", sagte Pürstl. Die polizeilichen Maßnahmen richten sich "ausschließlich gegen Dealer".

"Keine Polizei kann Drogenhandel unterbinden"

Und: "Keine Polizei der Welt wird den Drogenhandel gänzlich unterbinden", betonte der Polizeipräsident. Ab Juni soll jedoch das Angebot auf der Straße reduziert werden. Derzeit gebe es in Wien eine "größere Dealer- als Konsumentenszene, das Angebot ist größer als die Nachfrage", schilderte Pürstl. Zwei Drittel der Drogendeals betreffen Cannabis.

Mit dem künftigen konsequenten Einschreiten der Polizei soll der Suchtmittelhandel für Dealer weniger attraktiv werden, sagte Dressel. Denn "es macht einen Unterschied, ob die Drogen im öffentlichen Raum aufgedrängt werden oder ob ein Konsument sie sich aktiv besorgen muss", erklärte der Experte. Auch in "bedingt öffentlichen Orten", wie etwa Stiegenhäusern, ist der Suchtgifthandel ab 1. Juni verboten, sagte Pürstl.

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