Fahrradpolizisten: Spezialeinsatz auf zwei Rädern

Fahrradpolizisten
Fahrradpolizisten(c) Isabelle Saurer
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Seit Kurzem sind in Wien 29 Fahrradpolizisten unterwegs. Unter anderem auf der Donauinsel, wo sie von den Badegästen noch ungläubig beäugt werden. Begonnen hat die Zweiradpolizei im vergangenen Jahr als Versuchsbetrieb.

Es ist nicht immer leicht, die Avantgarde zu sein. Wo immer Robert Stoiber und Tanja Rittmann hinkommen, ernten sie neugierige, ungläubige Blicke, auf manche Gesichter setzt sich ein verschämtes Lachen, bisweilen setzt es bissige Kommentare. „Polizisten auf Rädern – das gibt es in Wien? Seid ihr denn echt?“, fragt ein sonnengebräunter Badegast auf der Donauinsel. „Bisher kannte ich nur die Berittenen.“

Stoiber, Abteilungsinspektor im Stadtpolizeikommando Floridsdorf, und Rittmann, 23-jährige Inspektorin, sind Fahrradpolizisten. Die Reaktionen der Passanten tragen sie mit Fassung: „Wenn die Leute unsere Pistole sehen, dann begreifen sie, dass wir echt sind“, sagt Rittmann. In Wien gehören 29 Polizisten dem sogenannten uniformierten Fahrraddienst an. Begonnen hat die Zweiradpolizei im vergangenen Jahr als Versuchsbetrieb; seit Mai ist sie „offiziell“. In der Bundeshauptstadt soll die Fahrradstreife bald auf 54 Polizisten aufgestockt werden.

Einsatzfahrzeug Rad. Zwar ist auch das noch immer eine recht überschaubare Zahl, doch Friedrich Kraus, Koordinator des österreichweiten Projekts, ist schon jetzt stolz. Sehr stolz. Früher, erzählt er, habe es innerhalb der Polizei verschiedene Versuche für eine Fahrradstreife gegeben. Ohne rechtes Ergebnis. „Jeder Bezirk hat seine eigene Uniform produziert. Die Versuche sind schnell eingeschlafen.“

Hört man dem enthusiastischen Kraus zu – er ist selbst begeisterter Radfahrer und Leiter der Sektion Mountainbike beim Polizeisportverein –,glaubt man gern, dass der aktuelle Versuch mehr Erfolg haben wird. So regelt jetzt bereits ein ministerieller Erlass, dass die Polizeiräder den Einsatzfahrzeugen gleichgestellt sind: Die Polizisten dürfen etwa in Fußgängerzonen fahren. Was bei Kontrollen von ebendort widerrechtlich fahrenden Radlern regelmäßig für Verwirrung sorgt. „Viele glauben uns nicht, dass wir hier fahren dürfen“, sagt Rittmann.


Streife auf der Donauinsel. In der Floridsdorfer Hermann-Bahr-Gasse bereiten sich Stoiber und Rittmann auf die Abfahrt vor. In ihrer (einheitlichen) Uniform gleichen sie eher Sportlern denn Beamten: Sie tragen eng anliegende Trikots in Blau und Grau (mit einem roten Streifen) im Design der Polizeiautos. Auf dem Rücken prangt ein Aufdruck in weißer Blockschrift: Polizei. Die Polizisten schnallen sich den Funktionsgürtel mit Handschellen, Funkgerät und Dienstwaffe um die Taille, im Fahrradkoffer werden Schreibmaterialien, Erste-Hilfe-Set und Handschuhe verstaut – los geht es.

Über den Floridsdorfer Spitz radelt das Duo in Richtung U6-Station Neue Donau. Erster Stopp: Das U-Bahn-Gebäude, ein prüfender Blick in Richtung Telefonkojen und Toiletten. „Ein Treffpunkt von Drogenabhängigen und Dealern“, sagt Stoiber. Heute ist niemand da. Auf der Donauinsel haben die beiden vor allem mit frei laufenden Hunden, uneinsichtigen Radfahrern, verlorenen gegangenen Kindern und Badeunfällen zu tun. Ist es nicht leichtfertig, angesichts der steigenden Kriminalitätsrate auf eine „Polizeistreife light“ zu setzen? „Überhaupt nicht“, verteidigt Koordinator Kraus seine Zweiradpolizei. Es sei ein „komplexer Streifendienst“, schnell, leise und: „Man sieht viel mehr“ – etwa in Parks oder schmalen Straßen von Siedlungen, die man mit dem Auto nur umkreisen könne. Unumstritten ist das Projekt indes auch innerhalb der Polizei nicht. Gerade zu Beginn sei sie von Kollegen wegen der (rund dreimal wöchentlichen) Fahrradstreife gehänselt worden, erzählt die Inspektorin: „Doch jetzt melden sich immer mehr.“

Plötzlich eine Anforderungen über Funk: Glasplitter auf dem Radweg von einer zerborstenen Reklametafel ganz in der Nähe. Stoiber und Rittmann ziehen davon, doch am Ort des Geschehens wartet schon ein Einsatzwagen mit Kollegen. Manchmal ist die Vierradpolizei halt doch schneller.

Radleroutfit

Trikot als Uniform. Die Fahrradstreife hat eine eigene Uniform: Bei heißen Temperaturen ist es ein Fahrradtrikot mit der Aufschrift Polizei. Der Gürtel mit Ausrüstung (Dienstwaffe, Messer, Handschellen) wird darübergeschnallt. Statt Käppchen tragen die Polizisten einen Radhelm auf dem Kopf. Bei Schlechtwetter gibt es lange Hosen und Regenkleidung.

ZweiradPolizei

29Fahrradpolizisten
gibt es derzeit in Wien. Unterwegs sind sie unter anderem in der Wiener City, im fünften, 19., 21. und 22. Bezirk.

54Personen
soll der „uniformierte Fahrraddienst“ in Kürze in Wien umfassen. Auch in anderen Städten in Österreich (Salzburg, St. Pölten, Gmunden etc.) ist die Zweiradpolizei bereits unterwegs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2009)

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