Eisenstangen-Attacke: Verdächtiger war gefürchteter Störenfried

Beamte am Mittwoch am Tatort
Beamte am Mittwoch am TatortAPA/HERBERT P. OCZERET
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Der 21-jährige Kenianer, der in Ottakring eine Frau erschlagen haben soll, wartet in der Justizanstalt Josefstadt auf Verhängung der U-Haft. Er war am Brunnenmarkt seit längerem bekannt und gefürchtet.

Nach der Tötung einer 54-jährigen Wienerin, die in der Nacht auf Mittwoch am Brunnenmarkt mit einer Eisenstange erschlagen wurde, ist nun die Staatsanwaltschaft am Zug. Die Anklagebehörde wird noch am Freitag die Verhängung der U-Haft über den Tatverdächtigen beantragen, teilte Behördensprecherin Nina Bussek mit.

Der 21-jährige Kenianer befindet sich seit Donnerstagabend in der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Offenbar geht die Justiz derzeit nicht davon aus, dass es sein psychischer Zustand erforderlich macht, ihn im Otto-Wagner-Spital (OSW) unterzubringen, wo psychotische Verdächtige vorläufig angehalten werden können. Klar ist allerdings, dass ein psychiatrisches Gutachten zur Klärung der Frage eingeholt werden muss, inwieweit der Mann zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war.

Als Unruhestifter bekannt

Der 21-Jährige war - wie sich nach der Bluttat herausstellte - am Brunnenmarkt seit längerem als Unruhestifter bekannt bzw. gefürchtet. Er lebte dort als Obdachloser und soll mit gewalttätigem Verhalten und als Cannabis-Straßenverkäufer eine Art "Stammkunde" der Polizeiinspektion Brunnengasse gewesen sein. Nach zwei gerichtlichen Verurteilungen - zuletzt hatte er 2013 acht Monate teilbedingt kassiert, wovon er zwei Monate absitzen musste, attackierte er im Vorjahr erstmals einen Mann mit einer Eisenstange.

Dabei blieb es jedoch bei einer leichten Körperverletzung. "Zudem ist der Vorfall erst drei Wochen nach der Tat angezeigt worden", berichtet Staatsanwaltschafts-Sprecherin Bussek. Daher habe es aus damaliger Sicht keinen Grund gegeben, den 21-Jährigen in Haft zu nehmen: "Es hat sich um ein bezirksgerichtliches Delikt gehandelt."

Laut Polizei wurde der 21-Jährige insgesamt 18 Mal angezeigt. Für die Justiz war er - mangels einer Meldeadresse - zuletzt nicht mehr greifbar und war daher zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Dass er keineswegs untergetaucht war, sondern am Brunnenmarkt regelmäßig als Störenfried in Erscheinung trat, sprach sich offenbar nicht bis zur Justiz durch. Bei Kontrollen durch die Polizei wurde ihm zwar mitgeteilt, dass er von der Staatsanwaltschaft gesucht wird. Das dürfte den 21-Jährigen aber nicht weiter interessiert haben. Behördliche Schriftstücke konnten ihm nicht zugestellt werden, da er keinen Wohnsitz hatte.

Volksanwalt untersucht Vorgeschichte

Für den freiheitlichen Volksanwalt Peter Fichtenbauer ist es "nicht nachvollziehbar", dass der Mann zuletzt nicht mehr auffindbar gewesen sein soll, wie er am Freitag in einer Aussendung mitteilte. "Was die Polizei in all den Jahren sowohl in kriminalpolizeilicher als auch in fremdenpolizeilicher Hinsicht unternommen hat, ist unklar und wird untersucht", kündigte Fichtenbauer ein amtswegiges Prüfverfahren ein. Die zuständigen Stellen hätten "zu lange zugesehen", die Bluttat "hätte verhindert werden können", meinte Fichtenbauer.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl kritisierte das Innenministerium, das es jahrelang verabsäumt hätte, den Mann nach Kenia abzuschieben. Der Mann war mit einem Touristenvisum als 14-Jähriger nach Österreich gekommen. Nach Ablauf des Visums kümmerte er sich nicht weiter um seinen Aufenthaltstitel. Trotz zweier rechtskräftiger Verurteilungen blieb er im Land.

Das Innenministerium habe "umgehend und im Detail darzulegen", welche Schritte gesetzt wurden, um den Mann in seine Heimat abzuschieben. "Passiert das nicht, werden wir kommende Woche eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister richten", kündigte Kickl an.

Faymann für "Maßnahmenpaket gegen Gewalt"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich nach den jüngsten Eskalationen für die Ausarbeitung eines "Maßnahmenpakets gegen Gewalt" ausgesprochen. Im Zusammenhang damit sicherte er Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) "volle Unterstützung" zu. Außerdem sollen  "konsequente Abschiebungen" betrieben werden. Grundsätzlich geht es Faymann um "Vermeidung von Illegalität sowie mehr Exekutive im Einsatz", wie er betonte: "Ich sehe, dass die Verunsicherung in der Bevölkerung steigt und verstehe die Ängste." Es gelte, einer zunehmenden Polarisierung in der Bevölkerung und der Verbreitung von Vorurteilen entgegenwirken, betonte der Kanzler.

(APA)

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