Tod nach vertauschter Spritze: Ärztin in Graz verurteilt

Symbolbild: Spritze
Symbolbild: Spritze APA
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Die Frau soll einem Krebspatienten eine Spritze irrtümlich ins Rückenmark statt in die Vene verabreicht haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Eine Ärztin ist im Grazer Straflandesgericht am Mittwochabend wegen fahrlässiger Tötung zu sechs Monaten Haft sowie einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt worden. Sie soll den Tod eines Grazer Unternehmers verursacht haben, weil sie im Zuge einer Krebstherapie eine Spritze, die für die Vene bestimmt war, ins Rückenmark verabreicht haben soll. Zwei ärztliche Leiter wurden freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Causa im Detail: Am 3. Dezember 2013 kam ein prominenter Grazer Firmenchef ins LKH, um seine Leukämie-Therapie fortzusetzen. Doch die Neurologin, die ihm eine Spritze ins Rückenmark geben sollte, kontrollierte die neben dem Patienten liegenden Injektionen nicht. Sie nahm beide Spritzen und verabreichte sie ins Rückenmark - obwohl eine für die Vene bestimmt war. Der 83-jährige Patient fiel daraufhin ins Koma und starb einen Tag vor Weihnachten.

"Ich schaue wirklich nicht auf die Farbe der Spritze"

An den zwei Verhandlungstagen wurde nun erörtert, wie diese Verwechslung passieren konnte. Keiner der drei Angeklagten fühlte sich schuldig, auch die behandelnde Ärztin nicht. Richterin Julia Riffl fragte, ob die Medizinerin nicht stutzig geworden sei, als die eine Spritze nicht - wie sonst immer - grün, sondern weiß gewesen sei? "Ich schaue wirklich nicht auf die Farbe der Spritze", meinte die Angeklagte dazu. Die Injektionen für die Venen sind durchsichtig und in grauer Hülle mit großem Etikett verpackt, während die für das Rückenmark aus grünem Plastik sind und steril in einer grünen Verpackung stecken - um genau solche Verwechslungen auszuschließen.

Auch das Etikett mit der Aufschrift "IV" für "intravenös" will die Neurologin nicht bemerkt haben. Fieberkurve zur Überprüfung des Medikaments hatte sie auch keine, und ins hauseigene Computerprogramm, wo sie sich ebenfalls informieren hätte können, hat sie nach eigenen Angaben nicht hineingeschaut.

"Das hätte jedem von uns passieren können"

Ein Zeuge, ebenfalls Arzt, der von der Verteidigung beantragt worden war, erklärte: "Das hätte jedem von uns passieren können." Die Organisation im LKH sei damals "suboptimal" gewesen. "Haben Sie selbst die Etiketten gelesen?", fragte die Richterin. "In 80 Prozent der Fälle schon", meinte der Mediziner. "Das ist nicht sehr vertrauenserweckend", befand die Vorsitzende. Weiters wollte sie wissen: "Hätten Sie die Spritze verabreicht, wenn Sie das Etikett "IV" gesehen hätten?" - "Das ist so eine kleine Schrift..." begann der Zeuge, wurde aber von der Richterin äußerst bestimmt unterbrochen: "Dann muss man eine Brille nehmen. Also, hätten Sie sie verabreicht?" - "Nein."

Der medizinische Sachverständige, Peter Grabuschnigg, erläuterte die genaue Ursache des Todes des Mannes: Der Patient war an einem Multiorganversagen gestorben, das offenbar auf die vertauschte Spritze zurückzuführen war, so der Pathologe. "Es gibt aber keinen Hinweis darauf, ob der Tod erfolgt wäre, wenn die Spritze nicht gegeben worden wäre", formulierte es Grabuschnigg in aller Deutlichkeit.

(APA)

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