Niederösterreichs Städte und die Tarifreform

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FahrkartenautomatClemens Fabry
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Wien ist nicht mehr der alleinige Mittelpunkt der Ostregion. Im Wiener Umland werden regionale städtische Zentren wie Hollabrunn, Mistelbach, Krems etc. immer wichtiger. Die Tarifreform des VOR ist ein Zeichen dafür.

Wien. Die Zeiten, als Wien das einzige Ballungszentrum im Osten Österreichs war, alle aus dem niederösterreichischen und burgenländischen Umland fast ausnahmslos in Richtung Wien strömten, sind vorbei. „Seit etwa 2003 haben sich kleinere Subzentren gebildet. Die mittelgroßen Städte in Niederösterreich haben sich vernetzt – sie haben an Bedeutung gewonnen“, erklärt der Verkehrs- und Raumplaner Harald Frey von der Technischen Universität Wien: „Es gibt die Entwicklung von Zentren abseits des Ballungsraums Wien.“

Diese Entwicklung hat Folgen, vor allem für den öffentlichen Verkehr: Waren die Ostösterreicher früher mit öffentlichen Verkehrsmitteln hauptsächlich in Richtung Wien unterwegs, haben sich die Verkehrsströme zwischen den seit 2003 immer stärker werdenden regionalen kleinen Ballungsräumen laut Frey intensiviert – wegen der dort gestiegenen Bevölkerungszahl, bzw. weil sich kleine Umlandgemeinden intensiv mit diesen regionalen Zentren vernetzen. Frey spricht dabei wörtlich von einem „Gegenpol zur Landeshauptstadt“. Nachdem diese regionalen Zentren eine gewisse Größe erreicht hätten, gebe es dort eine Infrastruktur, dank der die Bevölkerung nicht mehr wegen sämtlicher Angelegenheiten nach Wien oder St. Pölten fahren müsse, erklärt der Verkehrsplaner. Derartige Zentren seien Städte mit einer Bezirkshauptmannschaft wie Krems, Mistelbach, Hollabrunn. Als Folge sei das Verkehrsaufkommen zwischen den Städten gestiegen.

VOR-Tarifreform als Folge

Eine Folge dieser Entwicklung ist die nun durchgeführte Reform der Tarifstruktur des VOR (Verkehrsverbund Ostregion). Das Zonenmodell wurde abgeschafft, ab 6. Juli muss genau jene Strecke bezahlt werden, die im VOR-Raum (Niederösterreich, Burgenland, Wien) zurückgelegt wird. Wobei sich in Wien selbst bei der Tarifgestaltung nichts ändert. Kunden müssen aber z. B. beim Fahrkartenautomaten künftig ihren Start- und Zielpunkt eingeben: „Man zahlt die Strecke, die man tatsächlich fährt“, heißt es beim VOR, wo beteuert wird: Für den Großteil der Fahrgäste gebe es preislich keine Auswirkungen, Hauptverbindungen wie St. Pölten – Wien oder Eisenstadt – Wien sollen preislich für die Fahrgäste unverändert bleiben. Insgesamt soll die Umstellung für den Verkehrsverbund einkommensneutral sein, „das Preisniveau bleibt also unterm Strich gleich“, versicherte dazu VOR-Geschäftsführer Wolfgang Schroll.

Wo es Änderungen gibt? Fahrgäste, die den öffentlichen Verkehr für kurze Strecken in Anspruch nehmen und dabei bisher eine Zonengrenze überschritten haben, werden künftig weniger zahlen. Für jene, die immer z. B. von Anfang bis Ende einer einzigen Zone gefahren sind, wird es dagegen teurer. Das Ende des Zonenmodells bedeutet auch das Ende der sogenannten Streifenkarten. Diese waren im Vorverkauf erhältlich, der Fahrgast musste hier auf einem VOR-Fahrplan die Zahl der durchfahrenen Zonen zählen und danach die Anzahl der Zonen auf der Streifenkarte entwerten. „Das System wird einfacher“, heißt es dazu beim VOR. Verkehrsplaner Frey bezeichnet die Reform als „Schritt in die richtige Richtung“, Gerd Sammer (Institut für Verkehrswesen an der Universität für Bodenkultur) als faires Modell: „Man bezahlt, was man verbraucht.“

Allerdings gibt es einen Nachteil: Mit der im Vorverkauf erhältlichen Zonenstreifenkarte konnten Fahrgäste jederzeit fahren, ohne zum Ticketautomaten gehen zu müssen – es mussten nur alle Zonen auf der Streifenkarte entwertet werden, die durchfahren wurden. Zwar können jetzt auch vorab (auch online) Einzel- oder Tageskarten gebucht werden, allerdings muss dafür der Tag der Fahrt eingegeben werden. Ohne diese Buchung muss vor Fahrtantritt nun ein Automat aufgesucht werden. Wobei der VOR betont: Wer von Wien ins Umland fährt, kann Tickets auch bei Automaten der ÖBB und Wiener Linien lösen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2016)

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