Krise bremst Einkaufszentren-Boom

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Die Wirtschaftskrise setzt die Planer von Mega-Einkaufszentren unter Druck. Das Projekt Gerasdorf wurde auf Ende 2011 verschoben, Rothneusiedl überhaupt storniert.

Kein Projekt an der Wiener Stadtgrenze hat in den vergangenen Jahren so viel Staub aufgewirbelt wie das geplante Mega-Einkaufszentrum Gerasdorf: 58.000 m2 Verkaufsfläche; 12.000 m2 Fachmarktzentrum; 3750 Parkplätze; 190 Millionen Euro Investitionen; 1600 neue Arbeitsplätze.

Der 9800-Einwohner-Ort nordöstlich von Wien wird das fünftgrößte Shoppingcenter Österreichs beherbergen. Wien fühlt sich dadurch massiv bedroht: Die Projektbetreiber wollen die geschätzten 27 Millionen Euro pro Jahr, die von der ständig wachsenden Region seit Ende der 90er-Jahre direkt nach Wien fließen, ins niederösterreichische Gerasdorf umleiten.

Heuer, in Zeiten der Krise, ist alles anders: Die Eröffnung des Großprojektes Gerasdorf wird auf Ende 2011 verschoben, wie Ulrich Müller, Sprecher der Projektbetreiber BAI (Bauträger Austria Immobilien) und Ekazent Immobilien, der „Presse“ bestätigt. Grund der Verzögerung: „Wir haben aus Kreisen der Mieter gehört, dass Eile bei der Eröffnung nicht angebracht ist“, formuliert es Müller diplomatisch. Anders ausgedrückt: Derzeit besteht keine Nachfrage; nur das kleinere Fachmarktzentrum ist in Bau.

Gerasdorf gegen Wien

Der neue Eröffnungstermin (Herbst 2011) für Gerasdorf wurde allerdings so gewählt, dass das Mega-Einkaufszentrum direkt in das Weihnachtsgeschäft starten kann. Trotzdem geht in Wien nicht mehr die Angst um, wie Fritz Aichinger, Handelsobmann in der Wiener Wirtschaftskammer, meint: „Für ein Einkaufszentrum braucht man Mieter, und so viele Mieter gibt es nicht mehr.“ Nachsatz: „Die Krise verstärkt die Situation.“ Außerdem hätten wichtige Frequenzbringer (z. B. große Elektromärkte) bereits Filialen in der Umgebung: „Die bauen sich im Einkaufszentrum Gerasdorf keine Konkurrenz zu ihren bestehenden Standorten auf.“ Deshalb ist Aichinger überzeugt: Das Einkaufszentrum Gerasdorf, von dem sich Wien massiv bedroht gefühlt hatte, werde deutlich schrumpfen – was Müller heftig dementiert: „Das Einkaufszentrum Gerasdorf wird sicher nicht verkleinert.“

Das Donauzentrum, das direkt von Gerasdorf betroffen wäre, rechnet ebenfalls nicht mit einer Verkleinerung und hat Gegenmaßnahmen eingeleitet: Bis 2010 soll das größte Einkaufszentrum Wiens um ein Drittel auf fast 130.000 m2wachsen und hinter der SCS (230.000 m2 inklusive Fachmarktzentren) zum zweitgrößten Shoppingcenter Österreichs ausgebaut werden, wie der neue Center-Manager Christoph Stoll meint.

Während die Krise die Großprojekte in der Ostregion trifft, wird auch ein höchst umstrittenes Mega-Einkaufszentrum still und heimlich entsorgt: das Einkaufszentrum Rothneusiedl des Austro-Kanadiers Frank Stronach, der auf dem Stadtentwicklungsgebiet im Süden Wiens auch das Austria-Stadion bauen wollte: 60.000 m2 Verkaufsfläche in der ersten Stufe, 120.000 m2 im Endausbau – eine durchaus ernsthafte Konkurrenz zur Shopping City Süd: „Ein derart großes Einkaufszentrum wird in Rothneusiedl sicher nicht kommen“, lässt Planungsstadtrat Rudi Schicker über seine Sprecherin nun ausrichten. Nicht einmal 50.000 m2 würden genehmigt werden: „Für die Wohnungen, die auf dem Stadtentwicklungsgebiet entstehen, wird es nur eine Nahversorgung geben.“

Weshalb das Stronach-Projekt umstritten war: Zwar hätte das Mega-Shoppingcenter den massiven Kaufkraftabfluss im Süden Richtung Niederösterreich (SCS) reduziert. Allerdings hätte Stronachs Einkaufszentrum wichtige Nahversorgungsgebiete wie die Favoritenstraße de facto zerstören können, wie Studien der Stadt gezeigt haben. Trotz der neuen Wendung ist die Opposition skeptisch. VP-Planungssprecher Alfred Hoch: Magna habe bis 2015 einen Optionenvertrag, mit dem der Austro-Kanadier sein Mega-Einkaufszentrum umsetzen könne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2009)

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