Drohnen als Gefahr für die Flugrettung

Drohnen können den Rotorkopf von Helikoptern beschädigen oder das Cockpit durchschlagen.
Drohnen können den Rotorkopf von Helikoptern beschädigen oder das Cockpit durchschlagen.(c) REUTERS
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Nur ein Ausweichmanöver verhinderte, dass ein Notarzthubschrauber des ÖAMTC mit einem unbemannten Luftfahrzeug kollidierte. In Bodennähe achten Piloten schon länger auf diese Gefahr, doch Drohnen steigen immer höher.

Wien. Der Flugretter, der am linken Platz in Flugrichtung saß, bemerkte nur das blitzartige Steuermanöver seines Piloten. Was da gerade passiert sei, fragte er über das Bordkommunikationssystem. „Wir sind soeben beinahe mit einer Drohne kollidiert“, lautete die Antwort des Flugkapitäns.

Der Zwischenfall ereignete sich Montagnachmittag im Kärntner Gailtal. Der ÖAMTC-Rettungshubschrauber vom Standort Osttirol hatte zuvor einen Schwerverletzten vom nahen Wallfahrtsort Maria Luggau im Lesachtal abgeholt und sollte ihn ins Klinikum Klagenfurt bringen. Während sich der Notarzt im Passagierraum um die Stabilisierung des Patienten kümmerte, beobachteten Pilot und Flugretter den Luftraum. 900 Meter über Grund begegnet man normalerweise höchstens Hängegleitern oder Segelfliegern. Doch dieses Mal war der Helikopter, der mit circa 240 km/h über Kötschach-Mauthen in Richtung Osten flog, auf Kollisionskurs mit einer vergleichsweise kleinen und kaum erkennbaren Drohne, die sich von rechts unten der Maschine vom Typ EC-135 näherte. Wäre der Pilot links gesessen, er hätte sie wie der Flugretter übersehen. So, schätzte er im Nachhinein, schrammte er nur zehn Meter an der Katastrophe vorbei. Die Polizei sucht seit Dienstag nach dem Halter der Drohne.

„Beim Starten und Landen ist die Drohnengefahr unseren Piloten schon länger bewusst“, sagt Reinhard Kraxner. Er ist Chef der ÖAMTC-Flugrettung, fliegt selbst noch regelmäßig Einsätze und hat den Zwischenfall am Dienstagmorgen ausführlich mit dem betroffenen Flugkapitän besprochen. „Dass diese Fluggeräte so hoch fliegen, ist ungewöhnlich, macht es für uns besonders gefährlich, weil wir dort oben nicht mit einer Begegnung rechnen.“

Unzahl von Drohnenvideos im Netz

Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit von Kollisionen mit jedem Tag. Eine Suche nach „drone and vienna“ auf dem Videoportal YouTube listet eine Reihe zum Teil abenteuerlicher Kameraflüge unbemannter Luftfahrzeuge auf. Dabei wird klar, dass neben den Profis auch Private Drohnen vor allem zur Erstellung von Luftbildern nutzen. Täglich werden neue Clips hochgeladen. Wer wissen möchte, ob ein Drohnenpilot auch in der eigenen Nachbarschaft aktiv war, wird vielleicht auf der Website www.travelbydrone.com fündig, wo man auf einer Karte nach Aufnahmen suchen kann.

Wie beliebt die Drohnenfliegerei inzwischen geworden ist, lässt sich mit einem Blick ins Online-Versandhaus Amazon erahnen. Die DJI Phantom, sozusagen der Golf in der Klasse der sogenannten Quadcopter, liegt in der Kategorie „Kameras“ immerhin auf Rang 75 der beliebtesten Artikel. Damit schlägt das mit 1500 Euro nicht gerade billige Fluggerät in seiner Beliebtheit so manche Allerwelts-Spiegelreflexkamera.

Was für viele ein Spaß ist, kann für Piloten wie Kraxner zur Bedrohung werden. Die Rotorblätter eines Hubschraubers würden eine Drohne wie die DJI vermutlich unbeschadet zerkleinern. Gefährlich wird es aber, wenn ein Quadcopter den empfindlichen Rotorkopf beschädigt. Dann wäre ein Absturz kaum zu verhindern. Auch Piloten und Flugretter sind in Gefahr, weil eine Drohne wie die DJI Phantom mit ihren 1,5 Kilo mit Leichtigkeit ein Cockpit durchschlagen und die Insassen dabei schwer verletzten könnte. Vor Jahren durchschlug ein erheblich leichterer Bussard die Frontscheibe eines ÖAMTC-Hubschraubers. Der Flugretter hatte Glück und blieb unverletzt, das Tier wurde präpariert und steht noch heute ausgestopft am Heliport in Linz.

Fliegen ja, Filmen nur mit Erlaubnis

Dass viele Drohnenbesitzer als undiszipliniert auffallen, hat nach Meinung des Grazer Anwalts und Experten für Luftfahrtrecht Joachim Janezic auch mit der Rechtslage zu tun. Wer „nur zum Spaß“ mit einer Drohne fliegt, braucht dafür, sofern er sie über unbebautem Gebiet benutzt, keine Schulung und keine Bewilligung der Austro Control. Die Luftfahrzeuge dürfen nur nicht schwerer als 25 Kilogramm sein und höchstens auf 150 Meter steigen. Sobald aber das Fliegen nicht Selbstzweck ist, der Eigentümer – zum Beispiel – eine Kamera montiert, gelten andere Regeln. Damit sind zumindest ein Kurs (Kosten: ab 100 Euro) und die Gebühr (244 Euro) bei der Austro Control fällig. Diesen Aufwand, sagt Janezic, scheuen viele. Und das Wissen über Rechte, Pflichten und Gefahren im Luftraum bleibt rudimentär.

Er selbst behandelte schon einen Fall, in dem ein Drohnenpilot mit Kamera einen Rettungshubschrauber im Einsatz überflog. Gefährliche Vorfälle wie dieser, sagt er, beginnen sich zu häufen.

Auf einen Blick

Was ist erlaubt? Zwischen Modellflugzeugen und Drohnen gibt es eine rechtliche Schnittmenge. Sind sie leichter als 25 Kilogramm, werden sie innerhalb eines Radius von 500 Metern gesteuert und bleiben sie dabei unter eine Flughöhe von 150 Metern, dann ist ihr Betrieb an (fast) keine Einschränkungen geknüpft. Einzige Voraussetzung: Der Flug darf nur das Fliegen selbst als Zweck haben. Wird jedoch eine Kamera montiert, muss die Drohne vor der Inbetriebnahme von der Austro Control bewilligt werden. Mehr Informationen zum Thema gibt es online.

Web: www.luftfahrtrecht.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2016)

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