Fossilfund: Südelefant, Steppen- oder Wollhaarmammut?

 Der Stoßzahn wird vorsichtig freigelegt und für die Bergung vorbereitet.
Der Stoßzahn wird vorsichtig freigelegt und für die Bergung vorbereitet.APA/NHM WIEN/URSULA GÖHLICH
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Noch rätseln die Forscher, zu welcher Art von Mammut die zwei Stoßzähne und die Wirbelknochen gehören, die auf der Autobahnbaustelle im Bezirk Mistelbach gefunden wurden.

So selten kommt es gar nicht vor: Zirka die Hälfte aller fossilen Skelettfunde in Österreich werden rein zufällig entdeckt. Das gilt auch für jenen, der sich – wie nun bekannt wurde – Mitte August in der Nähe von Bullendorf (Bezirk Mistelbach, Niederösterreich) ereignete. Bei Vorarbeiten für den Bau der Verlängerung der Nordautobahn A5 sah ein Experte der Geologischen Bundesanstalt, die routinemäßig solche Baustellen untersucht, etwas aus dem Hang hervorblitzen: die Spitze eines Mammutstoßzahns.

In einer mehrtägigen Notgrabung durch das Team der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums (NHM) wurden – mit Hilfe eines Asfinag-Baggers – dann zwei mächtige, zirka 2,5 Meter lange Stoßzähne und einige Wirbelknochen geborgen. Zu welcher Art von Mammut sie gehören, ist aber noch ungewiss.

In Frage kommen für Ursula Göhlich, Paläontologin und Expertin für fossile Elefanten im NHM, drei verschiedene: Die spektakulärste und älteste Variante wäre ein Südelefant. Er war de facto unbehaart und lebte vor drei Millionen bis 700.000 Jahren in ganz Eurasien, hatte eine Schulterhöhe von fünf Metern und wurde bis zu acht Tonnen schwer. Ähnlich groß, aber jünger und etwas behaarter wäre Option Nummer zwei: das Steppenmammut (1,7 Millionen bis 500.000 Jahre). Möglich wäre drittens auch, dass die Knochen zu einem „klassischen“ Mammut gehören, dem zotteligen Wollhaarmammut. Es lebte in unseren Breiten vor 150.000 bis 15.000 Jahren. Es war mit einer Schulterhöhe von 2,5 Metern und einem Gewicht von bis zu 6 Tonnen deutlich kleiner.

Das Paläontologen-Team des Naturhistorischen Museums Wien bei der Bergung eines der Stoßzähne. Der Fund wurde mit Gips ummantelt.
Das Paläontologen-Team des Naturhistorischen Museums Wien bei der Bergung eines der Stoßzähne. Der Fund wurde mit Gips ummantelt.APA/NHM WIEN/URSULA GÖHLICH

Warum die Identifikation so schwierig ist? „Weil die Backenzähne fehlen. Die braucht man, um die Mammuts zu unterscheiden“, sagt Göhlich. DNA-Proben sind bei nicht tiefgefrorenen, so alten Tieren übrigens sinnlos. Aufschluss über das Alter können aber die Sedimentablagerung rund um das Skelett geben. Die Fundstücke selbst sind sehr empfindlich – vor allem die Stoßzähne. Die würden „förmlich explodieren“, wenn sie an der Luft trocknen, so Göhlich. Für den Transport wurden sie in Gipsbandagen, die feucht gehalten werden müssen, eingewickelt. Im NHM werden sie zum Präparieren in eine „Art flüssige Kleberlösung“ eingelegt. Erst dann startet die wissenschaftliche Untersuchung. Welche Art es letztlich ist, wird man erst in einigen Monaten wissen.

„Eine große Sache“

Die Stoßzähne und Knochen werden Teil der Sammlung des NHM, die nicht öffentlich zugänglich ist – außer bei „Hinter den Kulissen“-Führungen. Eine solche ist für November geplant. Hier sollen die Stoßzähne bereits zu sehen sein. Funde von Mammutskeletten gab es in Österreich immer wieder, ein vollständiges wurde nie entdeckt, nur Teile. Insofern seien die beiden gefundenen Stoßzähne „eine große Sache“, sagt Göhlich.

Um welche Mammut-Art es sich handelt, muss erst geklärt werden.
Um welche Mammut-Art es sich handelt, muss erst geklärt werden.APA/NHM WIEN/URSULA GÖHLICH

(uw/red.)

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