Altenfelden: Ein neues Haus auf verbrannter Erde

Bürgermeister Klaus Gattringer vor dem neuen Flüchtlingshaus
Bürgermeister Klaus Gattringer vor dem neuen Flüchtlingshaus(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zwei Monate nach dem Brand sind in Altenfelden 14 Asylwerber eingezogen. Ein Besuch in einem Ort, der sich verändert hat.

Altenfelden. Von Feuer und Ruß ist nichts mehr zu sehen. Das Flüchtlingshaus in Altenfelden steht wieder – de facto wurde es noch einmal gebaut. Gestern, Mittwoch, sind nun die ersten 14 Asylwerber, vier Familien aus Afghanistan, in der Mühlviertler Gemeinde eingezogen. Bis zum Wochenende sollen dann 24, in Summe später 48 Asylwerber in dem schlichten Holzbau am Rand des Orts leben.

Davor blühen Sonnenblumen, die vielleicht davon ablenken, dass nebenan das Altstoffsammelzentrum ist, wenige Meter davor der Tierkadavercontainer steht. Aber es gibt Platz zum Spielen, der Bus nach Rohrbach oder Linz hält in unmittelbarer Nähe, der Ortskern mit Kindergarten, Schule, Geschäften ist ein paar Minuten entfernt.

Ermittlungen liefen ins Leere

„Welcome to Austria“ steht auf gespendeten Necessaires, die ein paar Hygieneartikel enthalten, sie liegen auf einfachen Betten, daneben Metallspinde. Ein bescheidenes Leben in Vierbettzimmern wartet auf die Bewohner. Am Samstag wird das Haus offiziell eröffnet. Es ist ein Haus wie andere, die in den vergangenen Monaten an etlichen Orten rasch gebaut und von Asylwerbern bezogen wurden. Jenes in Altenfelden kennt man in ganz Österreich, seit es am Morgen des 1. Juni, eine Woche, bevor es bezogen werden sollte, niedergebrannt wurde. Wer es angezündet hat, das haben die Ermittlungen einer Sonderkommission von Landeskriminalamt und Verfassungsschutz, 200 Befragungen, die Überprüfung der rechtsradikalen Szene im Mühlviertel und eine ausgelobte Belohnung von 5000 Euro für Hinweise nicht ans Licht gebracht.

Dass das Haus wieder aufgebaut wird, das war dafür von Anfang an klar. Andernfalls wäre der Anschlag ein Erfolg für jene gewesen, die das Quartier verhindern wollten. Angst, auch das neue Haus könnte niedergebrannt werden, hat Bürgermeister Klaus Gattringer (ÖVP) nicht. „Meine Hoffnung ist, dass die Brandstifter die Unterkunft verhindern wollten, ohne dass Leute zu Schaden kommen.“ Über Details der Sicherheitsmaßnahmen will die Polizei keine Auskunft geben, die Kameras an dem Gebäude sind aber ohnehin klar zu sehen. Nach dem Anschlag hat die Polizei den Einsatz von Streifen um alle Asylquartiere des Landes verstärkt. Das baugleiche Haus im nahen St. Martin wird seit dem Brand auch besser beleuchtet.

Dort sind bereits vor Wochen Asylwerber eingezogen, Vorfälle gab es keine. Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes, dem Betreiber der Unterkunft, wollen den neuen Bewohnern in Altenfelden freilich mitteilen, „dass es da was gegeben hat“, sagt Mario Mitterlehner, der Zuständige von der Bezirksstelle Rohrbach. Und wie in allen Unterkünften sollen die 48 Asylwerber über Brandschutz und Verhalten im Brandfall informiert werden.

48 Menschen – bei rund 2150 Bewohnern, die Altenfelden zählt, ist das schon eine Anzahl, die auffallen wird. Es ist ein ruhiges Örtchen, an Werktagen trifft man dort nur Einzelne. Es ist ein Ort, an dem man auffällt, angeschaut wird, wenn man nicht zu den Eingesessenen gehört. Und die halten sich, wenn es um Flüchtlinge, das Haus und den Brand geht, jetzt auffallend zurück. „Gut, wenn's wieder ruhiger wird“, sagt eine, „das passt schon so, dass die kommen, das wird schon funktionieren“, sagt eine andere. Andere wollen dazu nichts sagen. Das sind einige.

Vom Gas spricht keiner mehr

Negatives hört man nicht mehr. „Seit dem Brand haben die blöden Sprüche aufgehört“, sagt Gattringer. Davor gab es viele, „Eini in einen Waggon, zuschweißen und zurückschicken“ zum Beispiel. Andere sprachen von Lagern, vom Vergasen. Das ist vorbei. Aus Angst, ins Visier der Ermittler zu geraten? „Ich glaube, dass den Leuten auch ein Licht aufgegangen ist. Protest ist ja legitim, aber wir wissen, wohin brandschatzen führen kann. Der Anschlag, das ist jedem durch Mark und Bein gegangen“, sagt Gattringer. Nun laufe die Debatte gemäßigter, „aber es gibt Tage und Stunden, an denen ich in gewisse Wirtshäuser nicht mehr gehe“.

Andere Altenfeldener hat der Brand aber erst recht zum Helfen motiviert: 50 bis 70 Leute aus dem Ort wollen aktiv mithelfen, beim Deutschlernen, bei Behördenwegen oder Ähnlichem. Auch eine Spendenaktion sei „ein Wahnsinn“ gewesen, sagt Gattringer, so viel sei zusammengekommen. Selbst Leute, die öffentlich oder im Internet über das Thema Flüchtlinge und Asyl schimpfen, hätten ihren Gewandkasten ausgeräumt oder Geld gespendet. Gerade eben, sagt Gattringer, habe jemand unerwartet 500 Euro gebracht, „falls ihr was für die Kinder brauchts“.

Hilfe von unerwarteter Seite

Skepsis über das große Ganze, Hilfe für Einzelne – das beobachtet Christian Hrubes, Koordinator der Grundversorgung im Roten Kreuz OÖ, immer wieder. „Bei allen Quartieren ist es dasselbe. Im Vorfeld regen sich alle auf, dann sehen sie, dass das auch nur Menschen sind, die kommen, nach drei Wochen redet keiner mehr davon.“

In Altenfelden hofft man nun, dass das Kapitel Anschlag nach dem Wiederaufbau (er hat 350.000 Euro gekostet, die die Versicherung zahlt) bald abgeschlossen ist. Es sei ein Klischee, sagt Gattringer, „aber man kann durch jede Niederlage stärker werden“, und nennt das Engagement der Freiwilligen oder die gemäßigtere Debatte. „Ich sag den Leuten, die skeptisch sind, immer: Das große Ganze können wir nicht ändern, aber wenn wir im Ort zum Frieden beitragen, dann haben alle was davon.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)

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