Internetsperren gegen Kinderpornos? "Das hilft keinem"

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Sollen verbotene Internetinhalte einfach gesperrt werden? Experten halten dies für wirkungslos: Damit würden nur die Symptome des Kindesmissbrauchs bekämpft, nicht die Ursache.

WIEN. Mit erschreckender Regelmäßigkeit werden Kinderpornoringe gesprengt. Deshalb scheint es geboten, Internetseiten mit derartigen Inhalten einfach zu sperren, Stichwort: Webfiltering. Doch so einfach ist das nicht. Die Sperren sind leicht zu umgehen. Und: Wenn bestimmte Webserver geblockt werden, besteht die Gefahr, dass auch andere – legale – Inhalte gesperrt werden.

Dennoch wird das Webfiltering etwa in skandinavischen Ländern eingesetzt. In Deutschland wurden kürzlich Internetsperren beschlossen, allerdings wackelt die Regelung aufgrund des Wahlausgangs. Die FDP hat bereits erklärt, sich bei den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen gegen Internetsperren einzusetzen. Aus dem österreichischen Justizministerium hieß es, dass Internet-Sperren derzeit noch nicht geplant seien.

Ermittler für Websperren

"Ich bin ein Befürworter dieser Maßnahmen", plädierte Harald Gremel, Leiter der Operation "Geisterwald" im heimischen Bundeskriminalamt (BK), für Websperren. Man könne damit die große Masse der Konsumenten abschrecken: "Ich sehe es (das Webfiltering, Anm.) als dringendes, sehr taugliches Mittel auch im Sinne der Prävention." Dass man Sperren leicht umgehen könne, sei ihm klar. Der typische Konsument aber "kommt auf die Seite und sieht das Stoppschild. Er versucht nicht, das zu umgehen. Der hat Angst erwischt zu werden."

Laut Gremel zeigen Beispiele aus der Schweiz, dass durch derartige Maßnahmen täglich 30.000 Zugriffe auf einschlägige Adressen verhindert werden. Viele Konsumenten seien nach Ansicht des Ermittlers oft gar nicht vordergründig auf der Suche nach Kinderpornos. Ihr Interesse dafür werde oft erst nach Betrachten von "normalen" Pornoseiten geweckt.

Bürgerrechte in Gefahr

Andreas Wildberger, Generalsekretär der Internet Service Providers Austria (ISPA), macht darauf aufmerksam, dass es nur dann einen „effektiven Kinderschutz“ gebe, wenn die Inhalte im Internet gelöscht (nicht nur gesperrt) würden. Dies ist freilich schwierig, da sich die Server, die die Bilder liefern, vielfach im Ausland befinden. Weiterer Nachteil von Internetsperren laut Wildberger: Man schaffe eine „Infrastruktur für Zensurmaßnahmen“. Es sei aus Sicht der Bürgerrechte bedenklich, wenn geheime Sperrlisten von Internetinhalten erstellt werden; zumal auch die Grenzziehung schwierig sei – wenn man schon Kinderpornografie sperrt, könne man in einem nächsten Schritt Terrorseiten und in einem übernächsten Schritt auch politisch radikale Seiten usw. sperren.

Ähnliche Kritik kommt von Markus Klemen, Geschäftsführer des unter anderem auf IT-Sicherheit spezialisierten Unternehmens Secure Business Austria: Nur mit Polizeiarbeit, etwa mit Razzien, würden die Ursachen für Kinderpornografie bekämpft – und nicht nur die Symptome. Und: Es gebe kein Konzept, wie mit irrtümlichen Einträgen auf geheimen Sperrlisten umzugehen sei. „Wen rufen Sie an, wenn Ihre persönliche Webseite als vermeintlich illegal gekennzeichnet wird?“ Es sei auch davon auszugehen, „dass Kinderpornografie, für die bezahlt wird, praktisch ausschließlich über andere Verteilungskanäle läuft, als über offen zugängliche Webserver“. Daher: „Ein Stoppschild (ein solches erscheint, wenn man eine gesperrte Webseite anklicken will, Anm.) hilft leider noch keinem einzigen Kind.“

("Die Presse"/APA)

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