Pharmahonorare: So viel verdienen Ärzte

(c) Clemens Fabry
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Lediglich 18 Prozent der Ärzte legen ihre Einnahmen offen. Der Rest, rund 19 Millionen Euro, geht immer noch an "unbekannt".

Wien. 70.089,09 Euro. Diese Summe hat Thomas Berger, stellvertretender Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie, im Jahr 2015 von Pharmaunternehmen erhalten. Damit nimmt er Platz eins unter jenen österreichischen Ärzten ein, die ihre Pharmahonorare offengelegt haben. Lediglich 18 Prozent haben das getan. Das ergaben Recherchen von ORF, „Der Standard“ und Correctiv.org, einem gemeinnützigen Recherchezentrum.

Daraus geht hervor, dass 2015 insgesamt 3500 Ärzte 4,2 Millionen Euro kassiert haben. 72 Pharmaunternehmen gaben an, an wen sie überwiesen. Auf Platz zwei in der Liste der Honorare liegt der Lungenkrebsspezialist Robert Pirker von der Medizinischen Universität Wien mit rund 63.000 Euro.

Honorare und Auslagen

Aber wie genau setzen sich diese Summen zusammen? Thomas Berger etwa ist von den genannten 70.089,09 Euro ziemlich genau ein Drittel geblieben – nach Steuern rund 12.000 Euro, was einen kleinen Teil seines Jahresgehalts von rund 100.000 Euro (Gehalt plus Nachtdienste plus Beteiligung an Sonderklassegeldern) ausmacht. Denn die sogenannten geldwerten Leistungen, die von den Pharmafirmen offengelegt werden, bestehen im Wesentlichen aus drei Bereichen. Erstens: Kongressunterstützung und -Teilnahmen. Das macht den geringsten Teil des Geldes aus, da er nicht von den Pharmafirmen, sondern zumeist von den Veranstaltern der Kongresse selbst eingeladen wird. Zweitens: Auslagen. Gemeint sind die Flüge und Unterbringungen für die Ärzte – sie werden direkt von den Pharmafirmen gebucht und bezahlt. Drittens: Honorare für Vorträge, Beratungen und Gutachten. Diese machen den größten Teil des Geldes aus, wobei es üblich ist, dass mit einem Teil davon Arbeitsgruppen, also junge Mediziner, finanziert werden.

„Ich bin es meinem Umfeld schuldig offenzulegen, mit wem ich welches Verhältnis unterhalte“, sagt Berger im „Presse“-Gespräch. „Wenn es jemandem als unpassend erscheint, welche Firmen ich berate und für wen ich Vorträge halte, steht es ihm frei, mich zu meiden.“ Für ihn sei es viel sinnvoller, sich zu seinen Nebentätigkeiten zu bekennen als sie zu verheimlichen und dadurch Vermutungen zu nähren, dass er etwas zu verbergen habe. „Ich fühle mich exponiert, und ich exponiere mich auch gern“, betont Berger, der sich „die Freiheit nehme“, immer wieder auch Angebote von Pharmafirmen auszuschlagen. „Wenn eine Veranstaltung nach Werbung riecht, oder man mir vorschreiben will, was ich bei einem Vortrag zu sagen habe, war es das letzte Mal, dass ich mit dieser Firma gesprochen habe.“

Dass die an der Spitze der Auswertung liegenden Ärzte tatsächlich das meiste Geld bekommen haben, ist eher unwahrscheinlich. So ergaben Recherchen von Correctiv.org in Deutschland, dass dort den Spitzenplatz ein Arzt belegt, der von den Pharmafirmen 2015 rund 200.000 Euro bekommen hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2016)

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