Asyl: Auch Bund zahlt für abgelehnte Asylwerber

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Außenminister Kurz kritisiert, dass Menschen mit negativem Asylbescheid in Wien in der Grundversorgung sind. Doch diese Fälle gibt es auch in anderen Bundesländern.

Wien. Für Menschen, die kein Asyl in Österreich bekommen, werden die Gesetze verschärft. Das Regierungsübereinkommen sieht bis zu 18 Monate Schubhaft für Ausreisepflichtige vor. Außenminister Sebastian Kurz hat dieses Vorgehen im Interview mit der „Presse am Sonntag“ verteidigt. Und gleichzeitig der Stadt Wien vorgeworfen, dass diese abgelehnten Asylwerbern weiterhin die Grundversorgung zahlt. „Wer illegal in Wien ist, erhält auch noch Steuergeld. Da darf man sich nicht wundern, dass es schwierig ist, jemanden außer Landes zu bringen“, schloss der Außenminister im Interview.

Doch so einfach ist es nicht. Tatsächlich gibt es derzeit österreichweit 3353 Menschen, deren Asylverfahren rechtskräftig negativ beschieden wurde. Davon leben nur gut ein Drittel, 1209 Menschen, in Wien, der Rest teilt sich auf die Bundesländer auf. So waren etwa mit Stichtag 5. Februar 699 Menschen in Niederösterreich in der Grundversorgung, 406 in der Steiermark und 236 in Oberösterreich – sogar in den Erstaufnahmezentren des Bundes waren bis zum Stichtag 44 Menschen mit negativem Bescheid in der Grundversorgung gemeldet. Ein solcher Fall könne eintreten, wenn ein Dublin-Fall schnell entschieden werde, heißt es aus dem Innenministerium.

Wie lange die Menschen in den Bundesländern in der Grundversorgung sind, kann laut Ministerium nicht erhoben werden. Die Spanne reiche aber von einem Tag bis zu mehreren Jahren.

Fest steht, dass mit dem Beziehen der Grundversorgung bei einem negativen Bescheid eine Abschiebung nicht gestoppt wird. Doch bei vielen Betroffenen kann sich eine Abschiebung in die Länge ziehen, viele können ob der fehlenden Heimreisezertifikate gar nicht abgeschoben werden. Laut Daten des Innenministeriums stammt die größte Gruppe der derzeit rechtskräftig abgelehnten Asylwerber mit 551 aus der Russischen Föderation (die meisten Tschetschenen), gefolgt von 452 Afghanen, 358 Nigerianern, 176 Armeniern, 124 Algeriern, 121 Indern, 116 Georgiern und 110 Pakistanis. Zahlen müssen die Grundversorgung aber nicht die Länder allein, sie wird in einem 60:40-Verhältnis von Bund und Land bestritten. Nach einem Jahr in der Grundversorgung übernimmt der Bund die Kosten ganz.

In Wien ärgert man sich deshalb über die Aussagen von Kurz. „Wir haben die Aussage des Integrationsministers mit Verblüffung zur Kenntnis genommen“, sagt Wiens Flüchtlingskoordinator, Peter Hacker. Man habe bei der Grundversorgungsvereinbarung einen Vertrag mit dem Bund unterschrieben, dass man diese Menschen aufnehme. Denn die Betroffenen würden ja nicht einfach verschwinden, nur weil sie nicht mehr im Land sein dürfen. „Die Grundversorgung ist ein Instrument, um Verwahrlosung und Ghettobildung zu verhindern“, sagt Hacker. Eine Stadt hätte nämlich ein Problem, wenn es eine große Anzahl sich illegal aufhaltender Menschen gebe, die nicht arbeiten dürfen, aber auch nichts zum Leben hätten. Außerdem, so Hacker, sei die Grundversorgung kein Paradies. „Da reden wir über ein Versorgungsniveau, bei dem es Demonstrationen gäbe, wäre das für österreichische Staatsbürger.“

In einer Sache unterscheidet sich Wien allerdings. Dass die Zahl der Ausreisepflichtigen in Wien höher ist als anderswo, erklärt man im Innenministerium unter anderem auch damit, dass in den Bundesländern nach einiger Zeit die Grundversorgung den Betroffenen manchmal aberkannt wird. Dann, wenn derjenige nichts zur Ausreise beiträgt. Wien würde diese Menschen aber aufnehmen. In Oberösterreich ist auf Nachfrage der „Presse“ nur einer „Handvoll“ Menschen die Grundversorgung zuletzt aberkannt worden.

Haft ist am teuersten

Unabhängig davon kritisiert Hacker, dass nach wie vor wenige abgeschoben werden – ein gut funktionierendes Asylsystem müsse aber Menschen gezielt abschieben können. Dass eine Schubhaft die Menschen zu einer freiwilligen Heimkehr bewegt, glaubt Hacker nicht. Ein Tag Haft im Schubzentrum Vordernberg kostet den Staat mit 165 Euro übrigens deutlich mehr als ein Tag in der Wiener Grundversorgung mit einem Tagsatz von 21 Euro pro Erwachsenem in einer organisierten Unterkunft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2017)

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