Neuer Straftatbestand: Wer den Schaffner angreift, riskiert zwei Jahre Haft

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wegen vieler Attacken auf das Personal öffentlicher Verkehrsmittel werden diese im Strafrecht Polizeibeamten gleichgestellt: Der Strafrahmen wird von sechs Monaten auf zwei Jahre ausgeweitet.

Wien. Die Aggressionen werden mehr, das erzählen die Zugbegleiter, die von der ÖBB quasi als Zeugen für die Notwendigkeit der Gesetzesnovelle zum Medientermin gebeten wurden, bereitwillig: Ingrid Grabner etwa, die einmal unvermittelt einen Schlag auf den Hinterkopf (und damit eine Gehirnerschütterung) abbekommen hat, nachdem einem Fahrgast, der weder Ticket noch Geld hatte, am Bahnhof Tullnerfeld die Weiterfahrt verweigert wurde.

Oder Walter Paul, der als Kontrolleur im Nahverkehr allein im Vorjahr „zweimal wortlos attackiert“ wurde. Einmal erlitt er einen Fingerbruch, das andere Mal eine Rissquetschwunde.

164 Übergriffe auf Zugbegleiter der ÖBB wurden 2016 registriert – eine Vergleichszahl zu 2015 gibt es zwar nicht, aber, die Attacken hätten sich gesteigert: Früher gab es statistisch alle drei Tage einen Übergriff, heute sind es alle zwei Tage, sagt Roman Hebenstreit, Vorsitzender des ÖBB-Konzernbetriebsrats und der Gewerkschaft vida.

Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) und Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wollen da nun gegensteuern: „Wer zuschlägt, wird aus dem Verkehr gezogen, im wahrsten Sinne“, so Leichtfried bei der gemeinsamen Präsentation der Strafrechtsnovelle. Wer Buslenker, Zugbegleiter, Straßenbahnfahrer oder Kontrolleure tätlich angreift, muss künftig mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen. Das Personal öffentlicher Verkehrsmittel wird Polizei- und Justizwachebeamten gleichgestellt. Der Strafrahmen für tätliche Angriffe auf sie wird ebenfalls von bisher sechs Monaten auf zwei Jahre erhöht. Brandstetter will „Übergriffe konsequent bekämpfen“, bereits am Montag hat er die Gesetzesnovelle in Begutachtung geschickt. Im Detail sieht der Entwurf einen zusätzlichen Paragrafen „Tätlicher Angriff auf ein mit der Kontrolle oder Lenkung eines Massenbeförderungsmittels betrautes Organ“ vor. Darunter fallen beispielsweise Stoßen, Treten oder Werfen von Gegenständen.

Frühestens ab September gültig

Gestraft wird unabhängig davon, ob es zu einer Verletzung beim Opfer kommt. Die Begutachtungsfrist beträgt sechs Wochen. Inkrafttreten könnte die Novelle des Strafgesetzbuchs dann mit Anfang September, so Brandstetter.

Unklar ist noch, inwiefern auch Security-Mitarbeiter von der Gesetzesnovelle umfasst sind. Zumindest in öffentlichen Verkehrsmitteln soll die neue Regelung auch für sie gelten, hieß es am Dienstag. Brandstetter schloss nicht aus, dass „legistisch noch an der einen oder anderen Schraube gedreht werden kann“.

Hebenstreit begrüßte die Novelle, damit werde „eine jahrelange Forderung der Gewerkschaft umgesetzt“. Eine „Lex ÖBB“ sieht er nicht, da die neue Regelung auf „einen Großteil der Beschäftigten in Massenverkehrsmitteln zugeschnitten“ sei. Für ÖBB-Vorstandsvorsitzenden Andreas Matthä ist die Änderung ein „wichtiger Schritt und ein deutliches Signal an die Gesellschaft, dass es bei diesem Thema keine Toleranzschwelle“ gebe.

Auch Günter Steinbauer, der Geschäftsführer der Wiener Linien, äußerte sich positiv zur Gesetzesnovelle, ebenso die für den öffentlichen Verkehr zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ). (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

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