"Big Brother Award": ÖBB bei Publikumswahl vorne

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Der diesjährige Datenschutz-Negativpreis wurde vergeben. Den "Big Brother Award" erhielten unter anderem das Finanzministerium und drei Abgeordnete der oberösterreichischen Grünen.

Das Unternehmen Tiger Lacke, das Finanzministerium, drei Abgeordnete der oberösterreichischen Grünen, Russel E. List-Perry - Geschäftsführer der Personensuchmaschine 123people.at - und die ÖBB wurden am Sonntagabend bei einer Gala in Wien als "Gewinner" der diesjährigen "Big Brother Awards" präsentiert. Der Datenschutz-Negativpreis wurde in den Kategorien "Business und Finanzen", "Behörden und Verwaltung", "Politik", "Kommunikation und Marketing" von einer Fach-Jury vergeben, es gibt außerdem eine "Volkswahl".

Zur Begründung für die "Auszeichnung" an Tiger Lacke hieß es: "Im Sinne des Erhalts der Zufriedenheit" und um "Verbesserungen frühzeitig durch geeignete Maßnahmen einleiten zu können", habe die Geschäftsführung des Welser Unternehmens "regelmäßig die Kommunikation mit Mitarbeitern gesucht". Diese Aussage würde die tatsächliche Absicht verschleiern: "Mitarbeiter wurden systematisch vorgeladen und nach den Gründen für ihren Krankenstand befragt." Des weiteren sei in Hallen, Büros und Müllraum ein vernetztes System von rund 20 Kameras samt Aufzeichnungsanlage verdeckt installiert worden. Die Überwachung des E-Mail-Verkehrs sei nur ein "Einzelfall", wie auch die Videoüberwachung nur dem Übereifer eines nicht dazu autorisierten Mitarbeiters zuzuschreiben sei, so die Geschäftsführung der Firma, die nicht zuletzt für diese "aalglatten Ausreden" nominiert wurde.

Das Finanzministerium durfte einen Award für die "Spendenpflicht für Sozialversicherungsnummern" in Empfang nehmen. Im Steuerreformgesetz 2009 des Ressorts heiße es: "Ab dem Jahr 2011 muss die Spenderin/der Spender bei jeder Spende, die als Sonderausgabe absetzbar sein soll, dem Spendenempfänger ihre Versicherungsnummer bzw. ihre persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte bekanntgeben."

Die oberösterreichischen Grünen-Politiker Gottfried Hirz, Maria Wageneder und Ulrike Schwarz hätten sich vom "Internetsperrpopulismus" anstecken lassen. Die drei Landtagsabgeordneten hätten eine Resolution zur Einführung von Internet-Sperren mitunterschrieben. Dazu die "Big Brother Award"-Organisatoren: "Schön langsam sollte sich auch in Landtagen herumgesprochen haben, wie unsinnig die Sperrung einer Website auf Basis der Domain-Namen in jedem einzelnen Land und bei jedem einzelnen Provider ist. Man sollte auch schön langsam wissen, dass sich derartige, öffentlich sichtbare Websites in der Regel nur auf gehackten Webservern und von Trojanern ferngesteuerten PCs ahnungsloser Eigentümer befinden."

Der Service 123people.at bezeichnet sich als Personensuchmaschine. Dank eines "proprietären Suchalgorithmus" würden hier "personenbezogene Informationen", die aus Bildern, Videos, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Extrakten aus verschiedenen, im Web bereits vorhandenen Profilen bestehen, angehäuft. "Menschen werden willkürlich Parteien zugeordnet und Bilder falschen Personen, Personen werden verwechselt oder überhaupt neu erschaffen, indem Daten von mehreren Individuen zu einem Datensatz zusammengezogen werden", lautet die Kritik der Initiatoren quintessenz, Verein zur Wiederherstellung der Bürgerrechte im Informationszeitalter, und vibe!at, Verein für Internetbenutzer Österreichs.

Bei der Publikumswahl für einen "Big Brother Award" setzten sich die ÖBB durch. In der Nominierung hieß es u.a.: "Die Aufrüstung der Bahnhöfe mit überdimensionierten, vernetzten Kamerasystemen, die mindestens 20 Millionen Euro teure Aufrüstung von hunderten Nahverkehrszügen mit Video-Aufzeichnungsanlagen waren nur die nach außen sichtbaren Symptome. Im Jahr 2009 kam heraus, dass der ÖBB-Konzern zur gleichen Zeit auch intern auf totale Überwachung setzte, die Frage der Legalität war sekundär. Systematisch wurden Krankenakten über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angelegt (...)."

(APA)

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