Neue Verfassung für Muslime

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die Türen für Neuwahlen in der Islamischen Glaubensgemeinschaft stehen nun offen. Doch Anas Schakfeh wird noch weiter Präsident bleiben müssen.

WIEN. Ein Etappenziel in der unendlichen Geschichte ist erreicht: Das Kultusamt im Unterrichtsministerium hat nun endgültig grünes Licht für die neue Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) gegeben. Damit ist der Weg frei für die Neukonstituierung der Vertretung der etwa 400.000 Muslime des Landes – und für Neuwahlen, nach denen der bereits amtsmüde Präsident Anas Schakfeh endlich sein Amt niederlegen kann.

Drei Jahre ist es her, seit die IGGiÖ einen ersten Entwurf präsentierte, der auf die geänderten Verhältnisse in der muslimischen Community reagieren und der die alte Verfassung von 1988 ablösen sollte. Seit damals wanderten zahlreiche Vorschläge und Dokumente von der Glaubensgemeinschaft ins Kultusamt – und wieder retour. Die für die Genehmigung zuständige Behörde stieß sich an einigen Punkten, etwa der Frage der Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft. Im ursprünglichen Entwurf hat es geheißen, dass Muslime erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres Mitglieder sind. Das wäre jedoch unter anderem ein Problem für den Religionsunterricht an Schulen geworden, deshalb musste dieser Passus geändert werden. Eine „gravierende Änderung“, wie Schakfeh sagt, die wiederum vom Schurarat, dem gesetzgebenden Organ der IGGiÖ, abgesegnet werden musste.

Anzeigen gegen die IGGiÖ

Neben dem Hin und Her zwischen Kultusamt und Glaubensgemeinschaft gab es allerdings noch ein weiteres Problem: Günter Ahmed Rusznak, Generalsekretär des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums und langjähriger Widersacher der Glaubensgemeinschaft, hatte mehrere Klagen eingebracht, wonach die alten Organe der IGGiÖ nicht rechtmäßig zustandegekommen wären. „Erst als die alle eingestellt wurden, konnten wir die Verfassung absegnen“, sagt Anton Stifter, der im Kultusamt für die Verfassung zuständig ist.

„Ich habe mir die Sache etwas einfacher vorgestellt“, sagt Schakfeh. Die regelmäßigen Beteuerungen, dass man bereits in der Endphase sei, dass es bald Neuwahlen gebe, bewahrheiteten sich nicht. Und Schakfeh, der bereits im Oktober 2007 verkündete, dass er sich Ende Juni 2008 zurückziehen würde, ist nach wie vor Präsident. „Ich mag nicht mehr“, sagt er, „aber ich muss.“

Mit der neuen Verfassung ist er seinem Wunsch nach dem Rückzug ins Privatleben zwar näher gekommen, doch bis es wirklich soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Denn die neue Wahlordnung, nach der die neue Vertretung gewählt wird, ist komplex. Jede Religionsgemeinde – jedes Bundesland – wählt ihre eigene Gemeindeversammlung. Diese wiederum wählt ihre Ausschüsse, in denen schließlich Funktionäre gewählt werden. Die Funktionäre bilden am Ende den Schurarat. Dieser Kreis, der aus maximal 61 Mitgliedern besteht, wählt dann das Exekutivorgan, den Obersten Rat – dessen Vorsitzender gleichzeitig Präsident ist.

Gewählt wird künftig in allen bei der IGGiÖ registrierten Moscheen und Vereinen. Eine Liste, wer in welcher Moschee wahlberechtigt ist, gibt es aber noch nicht. „Die Registrierung wird Anfang 2010 gestartet“, sagt Schakfeh. Dafür werde man eigenes Personal anstellen und eine Software entwickeln. Acht Wochen sind dafür vorgesehen, danach werden die Wählerlisten erstellt. Schließlich werden Wahlkommissionen gebildet und ein zentrales Wahlkomitee für die Aufsicht bestellt.

Hoffen auf 2010

Angesichts dieses komplizierten Verfahrens ist eines klar: Die Wahl wird nicht auf einen Schlag durchgeführt, sondern nach Bundesländern gestaffelt. Und: Bis alle Fomalitäten erledigt sind, wird es noch einige Zeit dauern. Schakfeh vorsichtig: „Ich hoffe, es passiert noch 2010.“ 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2009)

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