Studie: Junge Menschen nicht stärker gefährdet

US-Studie äußert Zweifel an der Theorie, dass junge Menschen besonders häufig an Schweinegrippe sterben.

Wien. Vor allem junge Menschen und Kinder haben ein erhöhtes Risiko, an der Neuen Grippe („Schweinegrippe“) zu erkranken, oder im schlimmsten Fall gar daran zu sterben. So lauten die bisherigen Erkenntnisse aus Untersuchungen zum H1N1-Virus, die meist aus den Monaten des vergangenen Sommers stammen. Eine aktuelle Untersuchung aus den USA lässt nun Zweifel an der Theorie aufkommen.

Die Autoren der Studie, die in der medizinischen Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde, haben eine ganze Reihe stationär in Spitälern behandelter Schweinegrippefälle unter Kindern untersucht. Dabei entdeckten sie, dass 60 Prozent aller Betroffenen bereits schwere Grunderkrankungen (Herz-Kreislauf, Lunge, etc.) hatten. Weil bei stationär behandelten Fällen der saisonalen Influenza nur zwischen 31 und 43 Prozent Grunderkrankugnen aufweisen, schließen die Forscher daraus, „dass die Rate schwerer Erkrankungen bei H1N1 niedriger ist als bei der saisonalen Grippe“.

Kritik an Zählweise

Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Untersuchung von Todesfällen, die das US-amerikanische Center of Disease Control (CDC) H1N1-Infektionen zugeordnet hatte. In 70 Prozent aller Fälle war nämlich nicht das Grippevirus, sondern wieder eine bereits vorher bekannte Erkrankung die tatsächliche Todesursache.

So seltsam das klingt: Statistisch gesehen sind laut Shannon Brownlee und Jeanne Lenzer nicht jüngere Menschen anfälliger, sondern ältere Menschen resistenter gegen die neue Form des H1N1-Virus.

Trotzdem: In Österreich empfiehlt der Oberste Sanitätsrat, Kinder gegen die Schweinegrippe zu impfen, bezeichnet sie sogar ausdrücklich als Risikogruppe.

Als Basis für diese Empfehlungen in Österreich (und Europa) dienen bis heute die Statistiken des US-amerikanischen CDC. Die, das schreiben Brownlee und Lenzer in ihrer aktuellen Studie, kamen jedoch auf fragwürdige Art und Weise zustande. Bis zum 31.August 2009 war es in den USA üblich, nur Grippetote als solche auszuweisen, wenn das Virus in einem Labor ursächlich als Auslöser festgemacht werden konnte. Seit Sommer ist das anders.

Alle Todesfälle, die nach ihren Symptomen auch nur theoretisch einer Grippe zugeordnet werden könnten, fließen nun in diese Statistik ein (Verdachtsfälle). Labornachweise sind nicht mehr nötig.

Kritik, das H1N1-Virus mit ihrer Studie bewusst zu verharmlosen, weisen die Autoren zurück. Im Sinne der Kosteneffizienz im Gesundheitswesen sei die Veröffentlichung neuer Erkenntnisse sogar unbedingt nötig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2009)

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