Rätsel um den Tod eines Rekruten

In Horn mussten die Soldaten trotz 36 Grad zu einem Marsch antreten – ein Rekrut verstarb an Überhitzung.
In Horn mussten die Soldaten trotz 36 Grad zu einem Marsch antreten – ein Rekrut verstarb an Überhitzung.(c) BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com (BARBARA GINDL)
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Laut Obduktionsbericht ist der Soldat in Horn an Überhitzung gestorben. Gegen die Kaserne werden immer mehr Vorwürfe laut – das Heer verspricht transparente Aufklärung.

Wien. Vergangene Woche verstarb ein Rekrut in der Kaserne Horn (Niederösterreich). Nach rund einer Stunde Marschzeit bei rund 36 Grad im Schatten hatte der 19-Jährige über Schwindel geklagt, trotz Rettungsmaßnahmen verstarb er im Spital. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kondolierte den Angehörigen – Staatsanwaltschaft und Heer arbeiten auf Hochdruck an der Aufklärung des Falles.

1. Woran ist der Rekrut gestorben? Was ergibt die Obduktion?

Laut einem ersten Ergebnis starb der Rekrut an einer Überhitzung des Körpers, die schließlich zu einem Herzinfarkt führte. Ob diese durch körperliche Überlastung an dem heißen Tag passierte, oder ob andere Krankheiten für die hohe Körpertemperatur verantwortlich sind, wird noch geklärt. Der behandelnde Arzt hatte zuerst eine bakterielle Infektion vermutet, die konnte ausgeschlossen werden.

2. Wie konnte das passieren? Welche Vorwürfe gibt es?

Die Kaserne Horn, die eine Ausbildungsstelle der Garde ist und zur Maria-Theresien-Kaserne in Wien gehört, hat den Ruf, hart zu sein. Beschwerden gibt es immer wieder, Todesfälle von Rekruten gab es bisher nicht. Zu dem Vorfall kursieren unterschiedliche Vorwürfe und Versionen der Geschichte. So berichten andere Rekruten etwa, dass man nicht sofort auf die Beschwerden des Grundwehrdieners reagiert hätte. Es ist die Rede von Schikane, unterlassener Hilfeleistung und auch, dass andere Soldaten während des Marsches in Ohnmacht gefallen sein sollen. In sozialen Netzwerken melden sich immer mehr aktuelle und ehemalige Rekruten mit Vorwürfen gegen die Kaserne zu Wort.

3. Was tut das Bundesheer nun gegen die schwerwiegenden Vorwürfe?

„Wir nehmen jeden dieser Vorwürfe sehr ernst, werden diesen nachgehen und mit voller Härte bestrafen, wenn sie sich bestätigen“, heißt es seitens der Bundesheeres gegenüber der „Presse“. Die Konsequenzen bei Fehlverhalten können von Geldstrafen bis zu Entlassung führen. Als ersten Schritt setzte Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ) eine Untersuchungskommission ein, die militärintern ermittelt. Davon unabhängig ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Krems wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung. Militär und Justiz wollen bei der Aufklärung eng miteinander kooperieren.

4. Was ist Rekruten bei außergewöhnlichen Temperaturen zumutbar?

Einen genauen Katalog, ab welcher Temperatur was zumutbar ist, gibt es nicht – es liegt im Ermessen des Ausbildners, welche Maßnahmen ergriffen werden. Das Bundesheer will nun aber ein allgemein gültiges Regelwerk ausarbeiten lassen – die Untersuchungskommission soll weiters ganz prinzipiell die Art und Weise der Ausbildung hinterfragen. Laut Bundesheer habe man in Horn letzte Woche aber sehr wohl auf die außergewöhnlichen Temperaturen um die 36 Grad reagiert. So soll der Marsch im Schatten stattgefunden haben, den Soldaten sei leichtere Bekleidung erlaubt worden, und sie mussten keinen Helm tragen. Dazu habe man zusätzliche Verpflegung mit Obst und Wasser bereitgestellt.

5. Wo können sich Soldaten bei Missständen beschweren?

Es gibt mehrere Möglichkeiten. Einerseits können sogenannte ordentliche Beschwerden beim Einheitskommandanten abgegeben werden. Im Jahr 2016 gab es österreichweit 32 derartige Beschwerden, 38 Prozent wurden als berechtigt anerkannt. Weiters kann man anonym Beschwerde über die Seite des Bundesheeres einreichen, und es gibt eine Hotline, die Soldaten bei Problemen aller Art zur Verfügung steht. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der außerordentlichen Beschwerde, die an die Parlamentarische Bundesheerkommission gerichtet wird. Diese gibt jährlich einen Bericht heraus.

6. Worüber beschweren sich die Soldaten am häufigsten?

2016 wurden 144 Beschwerdeverfahren durchgeführt. 42 Prozent bezogen sich auf die Ausbildung, neun Prozent auf die Versorgung und drei Prozent auf die Infrastruktur. 16 Prozent der Beschwerden kamen von Rekruten, 18 Prozent von Chargen, 22 Prozent von Unteroffizieren, 16 Prozent von Offizieren und 28 Prozent von sonstigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2017)

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