Greenpeace startet Internet-Bewegung

Greenpeace will den Aktivismus (im Bild eine Aktion gegen Luftverschmutzung im Mai 2017) nun auch auf die virtuelle Welt ausweiten
Greenpeace will den Aktivismus (im Bild eine Aktion gegen Luftverschmutzung im Mai 2017) nun auch auf die virtuelle Welt ausweiten(c) APA/GREENPEACE/MITJA KOBAL (MITJA KOBAL)
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Die bekannte Umweltorganisation startet eine Internet-Bewegung im Kampf gegen Fakenews und Machtmonopole.

Wien. Wale retten, Plastikmüll bekämpfen oder Pflanzengifte in der Landwirtschaft aufspüren – in Bereichen wie diesen ist Greenpeace etabliert und bekannt. Doch die Umweltschutzorganisation weitet ihr Aufgabengebiet nun auch auf die virtuelle Welt aus – weil Hass im Netz, Fakenews oder auch die Bildung von Filterblasen dem Frieden und der Demokratie schaden. Und weil man sich deswegen auf die Wurzeln der Organisation besinnt, die 1970 in der Friedensbewegung lagen, als man in den USA eine Serie von Atombombentests zu verhindern versuchte.

Aktionismus im Netz

Seit damals hat sich viel verändert, die digitale Welt ist längst zu einem selbstverständlichen Teil der realen Welt geworden. Und die Organisation möchte deswegen nun auch dort aktiv werden. „Wir wollen das Internet friedlich und demokratisch gestalten“, meint Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. Und dazu gehöre auch der Kampf gegen Phänomene, die im Netz zu finden sind – unter anderem auch deswegen, weil es für vieles keine verbindlichen Spielregeln gibt. Und auch keine Transparenz – weil etwa Algorithmen zunehmend die Kontrolle übernehmen, was User zu sehen bekommen und was nicht. Und weil meist nicht klar ist, nach welchen Kriterien diese Algorithmen überhaupt funktionieren.

Es ist also auch ein Kampf gegen globale Internetunternehmen wie Facebook oder Google, den Greenpeace aufnehmen möchte. „Wir wollen die Macht dieser US-Konzerne brechen und eine europäische digitale Identität schaffen“, so Egit. Dafür brauche es ein Internet der Mitbestimmung, das nach demokratischen Spielregeln gestaltet sein soll. Gerade auch im Hinblick auf den Erfolg, den autoritäre Bewegungen derzeit in einigen Ländern haben – und für deren Kontrolle ein freies Internet umso wichtiger sei.

Geplant ist, dass am 4. September eine Kampagne startet – derzeitiger Arbeitstitel „Reclaim the net“ –, die zunächst von Österreich ausgeht und die bei Erfolg auch von anderen Länderorganisationen übernommen werden soll. Über traditionelle Kanäle, aber auch vor allem über das Internet, sollen Mitstreiter für die Internet-Bewegung gewonnen werden. Dabei arbeitet man auch mit schon bestehenden Plattformen zusammen, etwa mit der Plattform epicenter.works, die die Vorratsdatenspeicherung bekämpft und für Datenschutz eintritt, aber auch mit der Initiative mimikama, die Falschmeldungen im Netz aufklärt.

Überwachungsstaat als Thema

Eine der Forderungen der Bewegung wird das Recht auf digitale Gegendarstellung sein – dass also User, denen eine gerichtlich festgestellte Falschmeldung angezeigt wurde, eine Gegendarstellung gezeigt bekommen. Daneben sollen US-Digitalkonzerne stärker reguliert werden und auch bei der Steuerpolitik stärker in die Pflicht genommen werden. Und schließlich geht es auch um die Verhinderung eines Überwachungsstaates, etwa mit dem Kampf gegen staatliche Spionagesoftware oder den Lauschangriff im Auto.

Greenpeace wird diese Initiative als Organisation starten, doch nach und nach soll daraus eine eigene Einheit werden, die sich von der Umweltschutzorganisation abkoppeln soll – und sich dann auch selbstständig finanzieren. Unter anderem auch, damit dezidierte Spenden für Umweltschutz auch dort landen und nicht in einen anderen Bereich fließen. Eine mögliche Variante ist etwa, Crowd Financing für die neue Initiative aufzustellen. Für 2018 hat Greenpeace schon die Mittel aufgestellt, wie es danach weitergeht, wird sich durch den Erfolg der Bewegung entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2017)

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