"St. Johann trägt Trauer": Zwei Tote nach Festzelteinsturz in Oberösterreich

APA/DANIEL SCHARINGER
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In St. Johann am Walde wird ein Festzelt von Orkanböen umgeblasen. 120 Menschen werden verletzt. Wenige Kilometer weiter stürzt ein Baum auf eine Partygesellschaft.

Schwere Unwetter haben in der Nacht auf Samstag die Einsatzkräfte zwischen Vorarlberg und Oberösterreich auf Trab gehalten und im Bezirk Braunau am Inn zwei Todesopfer gefordert. In St. Johann am Walde wurde Katastrophenalarm ausgelöst, nachdem eine Orkanböe die Aluminiumkonstruktion eines Festzeltes umgerissen hatte. Das Zelt, in dem sich 650 Besucher eines Feuerwehrfestes befanden, stürzte ein.

"Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Sachverständiger wird am Samstagnachmittag eintreffen und die Unglücksstelle begutachten", berichtete ein Polizist der APA. Der Ort war für die Ermittlungen vorerst gesperrt. Aufräumarbeiten durften damit zunächst nicht vorgenommen werden. Durch herabfallende Gerüstteile waren ein 28-Jähriger und eine 19-Jährige getötet worden. 120 Menschen wurden verletzt, davon 20 schwer. Eine Person schwebte noch in akuter Lebensgefahr.

In dem kleinen Ort im Bezirk Braunau herrschte am Samstag beklemmende Ruhe. "Die Betroffenheit ist gewaltig", beschrieb Diakon Anton Baumkirchner die Szenerie. "St. Johann trägt Trauer." Man denke an die Verstorbenen und an die vielen Verletzten. "Vor allem im ländlichen Bereich lebt man mit den Menschen mit."

Experten von Stärke des Sturms überrascht

Von der Massivität der Sturmböen waren auch oberösterreichische Wetterexperten überrascht. Zwar habe man gewusst, dass eine Front über Oberösterreich ziehen werde. "Die Modelle hatten aber keine 100 km/h Böen vorgesehen", so Meteorologe Wolfgang Traunmüller von Blue Sky-Wetteranalysen aus Attnang-Puchheim. Unwetterwarnungen habe man Freitagabend in einem Zeitfenster von etwa fünf bis zehn Minuten treffen können. "Das ist für so ein Zeltfest natürlich viel zu kurz." Die Front hatte sich lange Zeit normal verhalten. Durch dynamische Vorgänge habe sich der Sturm unerwartet so massiv entwickelt. 130 km/h waren beispielsweise in Hörsching messbar.

Nur 30 Kilometer von St. Johann im Walde entfernt, wurden durch den Sturm vier weitere Personen verletzt. In Gilgenberg ist eine 20 Meter hohe Fichte auf eine private Feiergemeinde gestürzt. Während einige Gäste noch rechtzeitig in das Haus flüchten konnten, wurden vier Partygäste von dem Baum getroffen. Sie konnten das Krankenhaus mittlerweile wieder verlassen.

Zudem führte der Sturm in Oberösterreich zu großflächigen Unterbrechungen der Energieversorgung. Bis zu 150.000 Haushalte waren vorübergehend ohne Strom. In Bad Ischl (Bezirk Gmunden) wurde ein Zirkus-Zelt davongerissen, die darunter untergebrachten Tiere flüchteten und irrten im Ort umher. Nach einiger Zeit konnten die Ziegen und Ponys wieder eingefangen werden.

Drei Verletzte in Stadt Salzburg

Im gesamten Salzkammergut wurden etliche Bäume vom Sturm geknickt. Im Weißenbachtal kollidierte ein mit fünf Insassen besetzter Pkw mit einem umgefallenen Baum. Die Beteiligten kamen laut Feuerwehr mit dem Schrecken davon.

Zu Sturmschäden kam es in den Nachtstunden auch in Salzburg, Tirol und Vorarlberg. In der Stadt Salzburg wurden insgesamt drei Menschen verletzt. In der Altstadt lösten sich Gerüstteile, zwei Frauen wurden von Trümmern getroffen. Sie erlitten Rissquetschwunden im Gesicht. Im Stadtteil Wals wurde eine Plexiglasscheibe auf die Westautobahn geweht. Diese durchschlug die Windschutzscheibe eines Pkw. Der 19-jährige Lenker konnte sein Fahrzeug am Pannenstreifen anhalten. Die Splitter fügten ihm Verletzungen an beiden Augen zu.

Zwischen Salzburg-Nord und dem Grenzübergang Walserberg wurden etliche Bäume entwurzelt. Auch im Flachgau und Tennengau mussten umgestürzte Bäume von Straßen, Häusern und Autos entfernt und zahlreiche Dächer provisorisch abgedichtet werden. Nicht weniger als 364 Einsätze verzeichnete das Landesfeuerwehrkommando.

Zugverkehr betroffen

Die Unwetterschäden sorgten für gröbere Verkehrsbehinderungen. Besonders betroffen war der Zugverkehr. Die Korridorstrecke zwischen Salzburg und Kufstein war wegen umgestürzter Bäume unterbrochen. Die Sperre wird voraussichtlich bis Sonntagvormittag andauern, teilten die ÖBB mit. Korridorzüge auf der Westbahnstrecke werden bis dahin über Zell am See umgeleitet, wodurch sich Verspätungen von bis zu 90 Minuten ergeben. Für Reisende von und nach München wurde ein Schienenersatzverkehr zwischen Salzburg und Rosenheim eingerichtet.

Vorübergehend eingestellt wurde auch der Zugsverkehr auf der Verbindung Schärding-Passau in Oberösterreich sowie die Strecke Ehrwald - Griesen auf der Außerfernerbahn in Tirol. Bereits am Freitagabend war im Tiroler Unterland eine Garnitur eines Regionalzugs evakuiert worden, nachdem eine Sturmböe diese bei Münster beschädigt hatte. In Kramsach krachte ein geknickter Baum auf die Stromleitung und einen darunter abgestellten leeren Linienbus.

In Vorarlberg war laut Polizei vor allem der Großraum Bludenz vom Unwetter betroffen. Ein Baugerüst musste noch während des tobenden Gewitters abgebaut werden, da es auf die Straße zu stürzen drohte. In Bürs verlegten zahlreiche Bäume die Brandnerstraße, die für Aufräumarbeiten vorübergehend unpassierbar war. Zudem wurden Baustellenzäune auf die Fahrbahn geweht.

(APA)

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