"Burkaverbot" tritt am Sonntag in Kraft

Archivbild: Eine Arabische Urlauberin auf der Sommerrodelbahn in Kaprun
Archivbild: Eine Arabische Urlauberin auf der Sommerrodelbahn in KaprunBARBARA GINDL / APA / picturedes
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Ab 1. Oktober gilt das Anti-Verhüllungsgesetz. Politisch zielt es zwar auf den Gesichtsschleier konservativer Muslimas, formuliert wurde es aber "religionsneutral".

In Österreich tritt am Sonntag das Anti-Verhüllungsgesetz in Kraft. Wer dann in der Öffentlichkeit seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, muss mit Geldstrafen von bis zu 150 Euro rechnen. Die Polizei kündigte an, mit "Fingerspitzengefühl" vorzugehen.

Politisch zielt das vor dem Sommer von SPÖ und ÖVP beschlossene Gesetz zwar auf den Gesichtsschleier konservativer Muslimas, formuliert wurde es aber "religionsneutral". Ausnahmen vom Verschleierungsverbot gibt es aus gesundheitlichen Gründen, bei Traditionsveranstaltungen (Fasching) oder wenn die "Verhüllung" beruflich notwendig ist (Clowns, Handwerker, Mediziner).

Keine Strafe, wer Aufforderung nachkommt

Es gibt einen Informationsfolder auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch. Außerdem wurden Botschaften, internationale Organisationen und islamische Glaubensgemeinschaft informiert. Wer sich verhüllt, begeht ein Verwaltungsdelikt. Wird der Aufforderung der Polizei, die Verhüllung abzulegen, nachgekommen, soll keine Strafe ausgesprochen werden. Wird die Abnahme jedoch verweigert, wird die betreffende Person zur Identitätsfeststellung festgenommen und in der Folge ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz war als Integrationsminister am Zustandekommen des Verhüllungsverbot maßgeblich beteiligt. "Wer in Österreich Niqab oder Burka trägt, muss mit Konsequenzen rechnen", hielt Kurz vergangene Woche an seiner Linie fest. Auch die SPÖ verteidigte ihre Zustimmung. Die für Religion zuständige Staatssekretärin Muna Duzdar argumentierte, Niqab und Burka stünden für eine fundamentalistische Auslegung der Religion.

Grafik: APA; Quelle: APA/BMI

Der algerisch-französische Geschäftsmann Rachid Nekkaz kündigte bereits an, so wie in anderen Ländern mit Burkaverbot, die von der österreichischen Polizei ausgesprochenen Strafen zu bezahlen. "Wenn man die Religionsfreiheit akzeptiert, muss man auch die Sichtbarkeit der Religionen akzeptieren", so Nekkaz. Auch Österreichs Bischöfe übten Kritik an einem allgemeinem Verhüllungsverbot. Für Kardinal Christoph Schönborn ist es ein "zu starker Eingriff in die zivilen Freiheiten".

Tourismus: "Gäste aller Kulturen willkommen heißen"

In der Tourismusbranche ist man mit dem Verbot ebenfalls nicht glücklich, aber in den Wortmeldungen zurückhaltend. Die Tourismusobfrau der Wirtschaftskammer, Petra Nocker-Schwarzenbacher, meinte, jede Hürde sei ein Nachteil. Tourismus heiße auch Toleranz und "dass wir Gäste aller Kulturen willkommen heißen". Wie sich das Verbot auf den Tourismus auswirke, "wird auch von der Handhabung abhängen"

''Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz''

Das sogenannte "Burkaverbot" gilt nicht nur dem konservativ-islamischen Gesichtsschleier. Weil ein gezieltes Verbot eines bestimmten religiösen Symbols rechtlich problematisch gewesen wäre, hat die Koalition nämlich allgemein die Verhüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit untersagt. Dieses "Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz" gilt ab 1. Oktober. Wer dagegen verstößt, riskiert bis zu 150 Euro Strafe.

Kernsatz des Gesetzes ist das "Verhüllungsverbot": "Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 150 Euro zu bestrafen." Als öffentliche Orte oder Gebäude gelten u.a. auch öffentliche Verkehrsmittel. Dort muss das Gesicht künftig vom Kinn bis zum Haaransatz erkennbar bleiben.

Allerdings ist nicht jede Form der Gesichtsverhüllung untersagt. Ausnahmen gibt es etwa, wenn die Verhüllung "gesundheitliche oder berufliche Gründe hat" oder wenn sie im Rahmen künstlerischer, kultureller, traditioneller Veranstaltungen oder "im Rahmen der Sportausübung" erfolgt. Faschingsumzug und Perchtenlauf sollten also laut den Erläuterungen zum Gesetz nicht unter das Verbot fallen. Auch wenn die Verhüllung gesetzlich vorgeschrieben ist (etwa der Sturzhelm für Motorradfahrer), wird das logischerweise nicht bestraft.

Angesichts der nahenden kalten Jahreszeit wohl ebenfalls interessant: Wer sein Gesicht "aufgrund witterungsbedingter Umstände (etwa als Schutz vor Frost)" verhüllt, bleibt ebenfalls straffrei. Grundlos im Sommer eine Sturmhaube zu tragen, wäre allerdings strafbar. Auch Fußballfans mit Schal vorm Gesicht müssten in der warmen Jahreszeit laut Polizei wohl abgemahnt werden. Und als Kälteschutz gar nicht akzeptiert würde laut Polizeiangaben der konservativ-islamische Gesichtsschleier.

Atemschutzmasken sind (abgesehen von beruflichen oder medizinischen Gründen) laut Polizei nur zulässig, wenn eine Smogwarnung des Umweltbundesamts oder eine Empfehlung des Gesundheitsministeriums (Stichwort: Ansteckungsgefahr) vorliegt. Ostasiatische Touristen mit Schutzmaske müssten also "abgemahnt" werden.

Keine Handhabe bietet das Gesetz zur zwangsweißen Abnahme eines unzulässigen Gesichtsschleiers. Wer sich weigert, könnte von der Polizei aber zur Feststellung der Identität aufs Wachzimmer mitgenommen werden. Denn zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens muss die Identität der betreffenden Person zuerst geklärt sein. Wie mit Frauen umgegangen würde, die danach wieder verschleiert auf die Straße gehen wollen, müssen die Polizisten laut Innenministerium im konkreten Fall entscheiden. Als gelinderes Mittel wäre demnach sogar denkbar, dass die Betreffenden von der Polizei nachhause oder ins Hotel gebracht werden.

(APA)

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